Düsseldorf Thomas Beckmann gerät unter Druck

Düsseldorf · Der Cellist steht zunehmend in der Kritik, weil nur ein geringer Teil seiner Vereinseinnahmen bei Projekten für Obdachlose ankommt. Prüfer beklagen mangelnde Transparenz. Beckmann betont den kulturellen Wert seiner Arbeit.

 Der Cellist Thomas Beckmann steht in der Kritik.

Der Cellist Thomas Beckmann steht in der Kritik.

Foto: Jürgen Moll

Thomas Beckmann steht wegen der Geschäfte seines Obdachlosen-Hilfsvereins "Gemeinsam gegen Kälte" immer stärker in der Kritik. Nach Informationen unserer Redaktion haben zwei Mitglieder den Verein verlassen, nachdem das Jahresergebnis vorgestellt wurde. Außerdem sind Politiker im Stadtrat auf Distanz gegangen. Darüber hinaus interessiert sich das Land NRW für das Geschäftsgebaren: Der Landesrechnungshof hat eine Prüfung veranlasst. Zum Grund erteilt die Behörde auf Anfrage keine Auskunft. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), eine Dachorganisation für Transparenz im Spendenbereich, beklagt fehlende Auskünfte des Vereins.

Es geht um eines der bekanntesten sozialen Projekte der Stadt - das vor allem mit einer Person verbunden ist. Beckmann ist Vorstandsvorsitzender, Geschäftsführer und das Zugpferd des 1996 gegründeten Vereins. Das Konzept: Der Cellist gibt Konzerte in ganz Deutschland. Dort werden Spenden für lokale Hilfsorganisationen gesammelt. Zugleich trommelt der Musiker für die Rechte von Obdachlosen. Der Verein ist Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Cellisten, allein für 2016 plant er 68 Konzerte. Als Geschäftsführer erhält er ein Honorar.

Allerdings wird die Kritik immer lauter, dass ein deutlich zu geringer Teil der Spenden auch bei Projekten gegen Obdachlosigkeit ankommt. Eine schriftliche Übersicht zum Jahr 2015 war von Beckmann, derzeit auf Tournee, nicht zu bekommen. Bereits die Zahlen, die er mündlich mitteilt, werfen aber Fragen auf. Laut Beckmann hat der Verein Einkünfte in Höhe von rund 400.000 Euro verbucht, darunter 177.000 Euro an Spenden und ein Landeszuschuss in Höhe von 125.000 Euro. An Obdachlosenprojekte wurden aber nur rund 24.000 Euro ausgezahlt. Beckmann zufolge soll sich der Betrag durch Nachbuchungen auf 99.000 Euro erhöhen - immer noch erheblich weniger als die Einnahmen durch Spenden.

Auch die Zahlen für das Vorjahr werfen Fragen auf. Ein Wirtschaftsprüfer, der im Segment spendensammelnde Organisationen langjährig tätig ist, stellt ein miserables Urteil aus. Der Verein sei "meilenweit" entfernt von den Standards des Spendenrats oder des DZI, unter anderem weil die Kosten für "Apparat und Verwaltung" viel zu hoch seien. Auch beim DZI ist man skeptisch. Seit Jahren frage man nach aussagekräftigen Zahlen. "Das DZI bedauert, dass eine Organisation, die in der Öffentlichkeit um Unterstützung wirbt, nicht die Informationen zur Verfügung stellt, die eine Einschätzung ihrer Vertrauenswürdigkeit erlauben würden", erklärt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke.

Das bestätigt Bedenken der Ratspolitiker. Die wollten schon für 2015 einen Zuschuss von 50.000 Euro nur bewilligen, wenn sich der Verein mit dem Siegel des DZI zertifizieren lässt. "Da müssen wir ran, das ist in der Vergangenheit offensichtlich nicht ausreichend geschehen", sagte SPD-Fraktionschef Markus Raub damals. Die Stadt bot sogar an, sich an den Kosten zu beteiligen. Beckmann lehnte aber ab.

Der Cellist betont, die Auszahlungen an Projekte seien nur eines der Satzungsziele. "Gemeinsam gegen Kälte" sei auch ein Kulturverein. Der "meinungsbildende Faktor" seiner Konzerte sei wesentlich. "Greenpeace schüttet gar keine Spenden aus." Die Organisation der Veranstaltungen sei eben teuer und berge Risiken. "Noch mehr spielen kann ich aber nicht."

Darüber hinaus leiste der Verein auch durch zwei Ausbildungsstellen und die Qualifizierung von Arbeitslosen durch Ein-Euro-Jobs wohltätige Dienste, die man berücksichtigen müsse. "Der Verein ist nicht als Geldvermehrungsmaschine gedacht", so Beckmann. Er verweist darauf, dass die meisten kleinen Vereine nicht über ein Spendensiegel verfügen. Die aktuellen Zahlen seien allerdings intern "Gegenstand von Erörterungen".

(arl)
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