Prozess in Düsseldorf Sven Lau - Deutschlands oberster Salafist

Düsseldorf · Seit neun Monaten ist der Islamist und Salafisten-Prediger Sven Lau in Untersuchungshaft. Am Dienstag startet der Prozess gegen ihn in Düsseldorf. Ist Lau ein Terrorist?

Sven Lau (Abu Adam): Gründer der "Scharia-Polizei" und Hass-Prediger
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Das ist Sven Lau

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Foto: Raupold

Vermummte Polizisten, verriegelte Zufahrten, dazwischen einer der prominentesten Salafisten-Prediger Deutschlands in Handschellen, der mit einer blickdichten Brille auf der Nase und Kopfhörern auf den Ohren von Spezialkräften in ein gepanzertes Polizeiauto geschoben wird. Unter starken Sicherheitsvorkehrungen wurde Sven Lau im Dezember vergangenen Jahres in Mönchengladbach festgenommen. Morgen startet der Prozess gegen ihn wegen Terrorverdachts im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Wie gefährlich ist der Mann, dem vorgeworfen wird, ein Kontaktmann für junge Männer und Frauen zu sein, die bereit sind, im "Heiligen Krieg" zu kämpfen?

Neue Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" belasten Lau. Demnach wirft ein Weggefährte, der seit rund einem Jahr inhaftierte Ismail I., ihm vor, dass Lau andere Moslems massiv bedrängt haben soll, sich an den Kämpfen in Syrien zu beteiligen. Im Sommer 2013 soll er Einfluss auf die Zusammensetzung einer Kampftruppe genommen haben, die sich später in Teilen dem "Islamischen Staat" anschloss. Zudem soll Lau mehrere Fahrzeuge besorgt haben, darunter einen Müll- und einen Krankenwagen. Der Müllwagen sei mit Sprengstoff beladen und für einen Selbstmordanschlag genutzt worden.

Unauffällige Laufbahn

Die Laufbahn des gebürtigen Mönchengladbachers begann völlig unauffällig. Aufgewachsen in einer katholischen Familie machte Sven Lau nach der Schule eine Ausbildung zum Industriemechaniker. Dort lernte er einen türkischstämmigen Kollegen kennen, dessen Verhalten und Glauben ihn nachhaltig beeindruckten. 1999 konvertierte Lau zum Islam, arbeitete bis 2008 als Berufsfeuerwehrmann. Seine ehemaligen Kollegen mögen nicht über ihn sprechen. Frühere Schulkameraden sagen, er sei "anders" gewesen. Daran, dass aus dem "Gladbacher Jong" — so hat er sich selbst einmal bezeichnet - einmal ein möglicher Terrorist werden könnte, glaubte damals niemand.

Auch als Sven Lau, aus dem "Abu Adam" wurde, zusammen mit anderen jungen Muslimen im Mönchengladbacher Stadtteil Eicken die as-Sunnah-Moschee gründete und immer mehr Männer mit langen Bärten und verschleierte Frauen in den Stadtteil kamen, blieben die Bürger zunächst gelassen, verbuchten die Gruppe lapidar unter "seltsame Trachtentruppe". Hellhörig wurden sie erst, als der niedersächsische Verfassungsschutz im August 2010 verkündete, dass eine salafistische Islamschule von Braunschweig nach Mönchengladbach umzieht, mit der as-Sunnah-Moschee fusioniert und dass dort ein geistiger Nährboden für Terroristen gelegt werden könnte.

In Eicken wurde auf Deutsch gepredigt

Die Moschee in Eicken hatte schon vorher viel Zulauf gefunden. Aus mehreren Gründen: Dort wurde auf Deutsch gepredigt. Sven Lau und der charismatische Islamist Pierre Vogel griffen dort Themen aus der direkten Lebenswelt junger Menschen auf wie Freundschaften, Diskotheken, Alkohol und Drogen. Lau gilt als emotionaler Prediger. Ein Gutachter bescheinigt ihm eine "hohe suggestive Wirkung". Der mittlerweile aufgelöste salafistische Verein von Sven Lau, "Einladung zum Paradies", bot außerdem Sportangebote für Kinder und eine Internet-Heirats-Lounge, die bei der Suche nach gleichgesinnten, muslimischen Ehepartnern half.

Sven Lau hat den Vorwurf, mit Terroristen unter einer Decke zu stecken, immer zurückgewiesen. "Vor uns braucht keiner Angst zu haben. Wir sind gegen Gewalt, wenn es nicht um Selbstverteidigung geht", sagte er damals unserer Redaktion. Der oberste Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen hält Lau dagegen für einen Dschihad-Salafisten. Tatsächlich antwortete der Salafisten-Prediger und Vater von fünf Kindern einmal in einem Interview auf die Frage, ob er es verstehen könne, wenn Glaubensbrüder in den Heiligen Krieg ziehen: "Ich bin kein Kämpfer, ich schicke lieber Geld und Medikamente."

Seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet

Dass aus Sven Laus Umfeld junge Männer und Frauen nach Syrien verschwanden, war dem Verfassungsschutz, der den 35-Jährigen seit Jahren beobachtet, schon vor geraumer Zeit aufgefallen. Im Frühjahr 2015 wurde Lau schon einmal wegen des Verdachts, eine syrische Terrormiliz zu unterstützen, verhaftet. Doch nach wenigen Wochen entließ man ihn wieder aus der U-Haft. Die Beweislage war zu dünn.

Dieses Mal glaubt der Generalbundesanwalt genügend Beweise zu haben. Die Ermittler stützen ihre Vorwürfe auf die Auswertungen von Videobotschaften, Chat-Dateien, Fotos und Zeugen. Internet-Videos zeigten Sven Lau bereits 2013 in Syrien. Auf einem Foto ist er auf einem Panzer in Syrien mit einer Kalaschnikow zu sehen. Sicherheitsbehörden bestätigen, dass Lau auf dem Bild zu sehen ist. Er selbst behauptet, zu humanitären Zwecken nach Syrien gereist zu sein.

Laus Anwalt Mutlu Günal glaubt, dass die Anklage gegen seinen Mandanten "wie ein Kartenhaus zusammenfallen" wird. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Der Generalbundesanwalt wird sich am Ende des Verfahrens bei Herrn Lau entschuldigen müssen. Er soll schon mal Geld für die Haftentschädigung zurücklegen."

(RP)
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