Düsseldorf Streit um Schulden bringt Ampel in Gefahr

Düsseldorf · Die neue Schulbaufirma soll auch Kredite aufnehmen dürfen, hat Oberbürgermeister Thomas Geisel angekündigt. Die FDP will dies nun nicht mehr mittragen - die Zerreißprobe für die neue Ratsmehrheit ist programmiert.

Düsseldorf: Streit um Schulden bringt Ampel in Gefahr
Foto: Bretz/ Endermann/ Ferl

Die geplante Kreditaufnahme für Schulbauten wird für die Ampel-Kooperation von SPD, Grünen und FDP zur Belastungsprobe. Die Liberalen haben gestern ihren Partnern mitgeteilt, dass sie neue Schulden für diesen Zweck ablehnen. "Das Geld soll direkt aus dem Stadthaushalt kommen", sagt Fraktions- und Parteichefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Auch für Investitionen in Kultur- und Sportbauten lehnt die FDP eine Kreditaufnahme ab. Grünen-Schulexperte Wolfgang Scheffler zeigte sich erstaunt: "Die Details zur Schulbaufirma sind alle mit der FDP besprochen." SPD-Fraktionschef Markus Raub betont: "Wir beschließen morgen zunächst eine Konstruktion, die von allen begrüßt wird. Die Frage der Finanzierung stellt sich jetzt noch nicht."

Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) hat angekündigt, dass für Schulbauten auch Schulden gemacht werden sollen. Der Stadtrat befasst sich morgen mit dem Thema. Die von der Stadttochter IDR in direkte Verantwortung der Stadt gebrachte IPM soll die Kredite aufnehmen. Um welche Summe es sich handelt, ist noch unklar. Geisel geht für die nächsten Jahre von Investitionen in deutlich dreistelliger Millionenhöhe für Schulbauten aus. Nur ein Teil davon soll über die IPM laufen. Dafür soll sie Kredite aufnehmen, deren Finanzierung die Stadt über Mietzahlungen sichert - ein Modell der öffentlich-öffentlichen Partnerschaft (ÖÖP).

Schulbaumaßnahmen wurden bisher aus den freien Mitteln des Stadthaushalts bezahlt - sofern sie überhaupt erfolgten. Denn nach Ansicht von SPD und Grünen hat sich bei steigenden Schülerzahlen ein immenser Baustau im Schulbereich gebildet. Die IPM soll helfen, den rascher abzubauen. Die FDP, die zuvor mit der CDU koalierte und nun mit SPD und Grünen eine Mehrheit bildet, will nicht, dass über die IPM Schulden aufgenommen werden. "Wir werden diese Kredite nicht mittragen", kündigt Strack-Zimmermann an. Die IPM solle die Schulbaumaßnahmen zügig abwickeln, das Geld dafür aber komplett von der Stadt bekommen.

Damit ist Streit in der Ratskooperation von SPD, Grünen und FDP programmiert, zumal die Ausgangslage ohnehin unterschiedlich ist. Grüne und FDP haben mit der CDU kurz vor der Kommunalwahl 2014 die Schuldenbremse beschlossen. Die SPD mit Geisel hält den Begriff Schuldenfreiheit für unangebracht, da die Schulden bei Stadttöchtern nicht eingerechnet werden.

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Heiner Cloesges vom Steuerzahlerbund sieht in dem Konstrukt, neue Kredite über die IPM aufzunehmen, "eine Art Taschenspielertrick". Ehrlicher sei es, dies direkt aus dem Stadt-Haushalt zu finanzieren. Udo Siepmann, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, sieht in der Gründung der Schulbaufirma "die Preisgabe der Schuldenfreiheit" in einer "exzellenten Einnahmesituation". Man könne den Kernhaushalt nicht beliebig definieren, "sonst ist er irgendwann nur noch ein Rumpfhaushalt", sagt Siepmann. Die Schuldenfreiheit sei ein Markenzeichen, mit dem Düsseldorf ein Signal an Unternehmen sende.

Geisel hingegen betont, die IPM sei "transparent und als verlängerter Arm der Stadtverwaltung definitiv sinnvoll", um den dringend erforderlichen Schulbau zu beschleunigen. Zum einen könne die IPM als Finanzierungsinstrument eingesetzt werden, vor allem aber ermögliche sie, Aufträge ohne Ausschreibung und damit schneller zu vergeben. Das kritisiert der Präsident der Handwerkskammer, Andreas Ehlert: "Freihändige Vergaben sind nicht in unserem Interesse. Auch unterlegene Unternehmen wollen wissen, warum welches Angebot Erfolg hatte." Ehlert betont, dass er sich nicht gegen die Investitionen ausspreche, er könne aber nicht erkennen, warum die IPM Verfahren schneller abwickeln können solle.

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Foto: Andreas Endermann

"Mit der Schulbaufirma wird die wirtschaftliche Schuldenfreiheit nur zum Schein gewahrt", sagt CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt. Dennoch will die CDU dem Pilot-Vorhaben zustimmen, die Projekte müssten zügig umgesetzt werden. Grünen-Politiker Scheffler erinnert daran, dass die FDP mit der CDU für das Balletthaus ein ähnliches Modell gewählt hat - in öffentlich-privater Partnerschaft. "Wenn die FDP das IPM-Modell aufkündigt, muss sie das auch beim Balletthaus." Mit der IPM werden laut Scheffler investive Ausgaben (für Schulneubauten) in konsumtive Ausgaben (Mietzahlungen) umgewandelt.

(RP)
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