Wittlaer Der kleine, aber feine Rosenmontagszug

Wittlaer · Als Konkurrenz zur großen Ausgabe in der Innenstadt sieht sich niemand in Wittlaer. Dort soll der Zoch vor allem familiär sein.

 Bunte Vögel gab es so einige beim kleinen Rosenmontagszug im Düsseldorfer Norden.

Bunte Vögel gab es so einige beim kleinen Rosenmontagszug im Düsseldorfer Norden.

Foto: hans-jürgen bauer

Rosenmontag, 13.11 Uhr. Der Höhepunkt der Session ist da, und ganz Düsseldorf tummelt sich bei der Jagd nach Kamelle auf der Königsallee oder in der Altstadt. Wobei "ganz Düsseldorf" nicht richtig ist. Parallel dazu macht ein kleiner Stadtteil im Norden Düsseldorfs dem großen Rosenmontagszug Konkurrenz. Anders als in der Innenstadt lockt der Wittlaerer Rosenmontagszug die Jecken jedoch nicht mit politischen Mottowagen an. Stattdessen steht in Wittlaer die familiäre Atmosphäre im Vordergrund - und für die Kinder reichlich Chance auf Kamelle.

"Das ist ein Umzug für die ganz Kleinen", sagt Gilbert Varzandeh. "Wir wollen hier gar nicht mit 1000 Mann durchziehen, sondern bleiben lieber im überschaubaren Kreis." Er und seine "Wittlaer Bravehearts", die seit zehn Jahren die Organisation des Zuges übernehmen, haben sich damals dafür extra aus einer örtlichen Fußballtruppe heraus gegründet. "Der Anstoß war, dass wir schließlich alle irgendwann Kinder bekommen hatten. Deshalb wollten wir Karneval auch lieber etwas familiärer in unserem eigenen Stadtteil feiern." Dabei hat der Rosenmontagszug in Wittlaer schon eine viel ältere Tradition, wie Hermann-Josef Zensen erklärt. Sein Schalmeien-Corps ist bereits beim Ur-Zug vor 66 Jahren dabei gewesen. Wegen Streitigkeiten in der Organisation zwischen den damaligen Veranstalter-Gesellschaften Blau-Weiß und Rot-Weiß Wittlaer musste der Zug jedoch einige Jahre pausieren. Mitte der 70er Jahre waren es dann schließlich engagierte Anwohner, die das Brauchtum im Norden der Stadt wiederbelebten - und damit auch das Schalmeien-Corps. "Einige Leute fanden die historischen Instrumente auf ihren Dachböden. Darauf dann auch Spielen zu lernen, erfolgte aber mehr autodidaktisch", sagt Peter Frentross.

Mit ihren Blechtröten, einer Mischung aus Saxofon und Trompete, führen die Schalmeien die restlichen Jecken über die Bockumer Straße. Neben dem Wagen der "Bravehearts" gehören auch die Fußgruppen des TV Wittlaer und der KG JeckElWis dazu, die zusammen mit den Schülern der Franz-Vaahsen-Grundschule im Papageien-Outfit unterwegs sind. Auf dem Weg zum Ortskern zeigen sich dann auch gleich die Besonderheiten des kleinen Zuges: Er wird länger, je näher er seinem Ziel kommt. Damit auch ja kein Bonbon liegen bleibt, marschieren gleich Dutzende der kleinen Sammler dem Kamelleregen einfach hinterher.

Dass der Zugweg durch ein Wohngebiet verläuft, nutzen viele Anwohner wie Ulrich Peters und wandeln ihren Vorgarten zum Anlaufpunkt für die Nachbarschaft um. Mit dem Brauchtum in Wittlaer ist er groß geworden. Dass die Tradition eine Herzensangelegenheit für ihn ist, liegt nicht nur daran, dass seine Eltern einmal das Prinzenpaar stellten. "Auch einfach, weil es unsere Heimat ist. Wer braucht da schon den Altstadt-Trubel?", fragt Peters. Die friedlichere Atmosphäre ist auch für Tanja Vio ausschlaggebend, mit ihrem Sohn Vincent im Norden zu bleiben. "Hier wird nicht so exzessiv getrunken und es gibt keine Prügeleien", sagt Vio. Aber auch aus anderen Stadtteilen gibt es Zulauf. Die Lohhauserin Alexandra Gester hatte Sicherheitsbedenken in der überfüllten Innenstadt und ist deshalb nach Wittlaer gekommen. Nicht nur Töchterchen Viktoria (7) bereut die Entscheidung angesichts der vollen Kamelletüten nicht. "Es ist zwar klein, aber fein hier. Nächstes Jahr kommen wir sicher wieder!"

(RP)
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