Unterbilk Diskussion um Straßennamen

Unterbilk · Politiker haben lange und teils hitzig über den Vorschlag einer Schüler-Initiative gesprochen, die Wissmannstraße umzubenennen.

 1908 wurde die Kaulbach- in Wissmannstraße umgenannt.

1908 wurde die Kaulbach- in Wissmannstraße umgenannt.

Foto: Endermann, Andreas

Mehrere Städte wie Hannover und Stuttgart haben sich schon von ihrer Wissmannstraße wegen "kolonialistischer Verbrechen" des Namensgebers getrennt, doch in der Bezirksvertretung 3 tut man sich mit einer Empfehlung für den Rat schwer. Lange und zum Teil hitzig haben die Politiker in ihrer Sitzung am Dienstagabend über die Forderung einer Schüler-Initiative der Hulda-Pankok-Gesamtschule diskutiert, nicht länger Hermann von Wissmann (1853-1905) mit einem Straßennamen zu ehren. Die Schüler hatten sich im Geschichtsunterricht bei Lehrer Philipp Koep mit dem Kolonialismus beschäftigt und waren dabei unter anderem auf Arbeiten des Historikers Thomas Morlang gestoßen, der auf dem Gebiet Spezialist ist und seine Ansichten unter anderem in der "Zeit" publiziert hat. Der Wissenschaftler kommt zu dem Schluss, dass Wissmann eben nicht (nur) ein Afrika-Forscher war, sondern brutal und rücksichtslos gegen Einheimische in Ost-Afrika vorging, unter anderem mitverantwortlich dafür war, dass Dörfer abgebrannt, Elfenbein geraubt und Aufständische durch ein Standgericht verurteilt und exekutiert wurden.

Fraktionsübergreifend verurteilte man zwar die Handlungen Wissmanns als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", ob man die Straße deswegen aber umbenennen sollte: Darüber war man sich uneins. "Ist die Umbenennung das richtige Mittel?", fragte der SPD-Politiker und erste stellvertretende Bezirksbürgermeister, Lutz Goebels. Eine Umbenennung wäre mit "einem enormen bürokratischen Aufwand" verbunden, gab er zu bedenken. Anwohner müssten etwa neue Personalausweise beantragen. Zudem gehöre es "zu unserer Geschichte, dass es Wissmann gab und dass es, ob es uns gefällt oder nicht, Leute gab, die ihn ehren wollten". Er schlug vor, erst einmal die Anwohner zu befragen.

Kritisch zeigte sich Oliver Müller (SPD). "Wo fängt man da an, und wo hört man auf?", fragte er angesichts vieler Straßennamen in Düsseldorf, die belastet seien. Wolfgang Müller (CDU) schlug vor, auf einer Stele am Straßenschild über den Namenspatron aufzuklären, Sabine Steinbrink-Neubacher (SPD), den Namen zu behalten, aber damit an den "Anti-Faschisten Hermann Wissmann zu erinnern, der in einem Konzentrationslager starb."

Dieter Sawalies (Linke) sprach sich strikt für die Umbenennung aus, nicht nur wegen der Verbrechen Wissmanns, sondern auch angesichts mehrerer Bürgerinitiativen in den vergangenen Jahren, die diese gefordert hatten. Die Grünen sehen das ähnlich und sagten, dass ein bürokratischer Aufwand kein Hinderungsgrund sein dürfe.

Dass eine Entscheidung in der Sache vertagt wurde, bezeichnete Dietmar Wolf (Grüne) als "unsäglich" und nicht nachvollziehbar.

(semi)
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