Stadtmitte Aus der Karaokebar in den Männerchor

Stadtmitte · Vor mehr als 25 Jahren gründete Thomas Takeda mit sieben Mitstreitern einen japanischen Chor. Gesungen werden japanische ebenso wie deutsche Lieder.

 Einmal in der Woche probt der Chor, der nicht nur japanische, sondern auch deutsche Volkslieder singt.

Einmal in der Woche probt der Chor, der nicht nur japanische, sondern auch deutsche Volkslieder singt.

Foto: andreas endermann

Die Entstehung des Japanischen Männerchors in Düsseldorf ist auf eine Ausnahmesituation vor mehr als 25 Jahren zurückzuführen. Als 1991 der Golf-Krieg ausbrach, untersagten einige japanische Unternehmen ihren auswärtig stationierten Geschäftsleuten jegliche Geschäftsreisen. So hatte Thomas Takeda, Chef der japanischen Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf, plötzlich viel Freizeit. Kurzerhand machte er aus der Not eine Tugend und gründete mit sieben anderen Geschäftsleuten den Japanischen Männerchor.

Dabei ging es von Beginn an nicht einzig um die Leidenschaft für das Singen, sondern auch um den interkulturellen Austausch zwischen Japanern und Deutschen. "Musik kennt keine Grenzen", sagt Takeda. Deshalb singen die inzwischen 15 aktiven Chormitglieder nicht nur japanische, sondern auch deutsche Volkslieder und Popsongs. Einmal wöchentlich treffen sich die Herren zu einer zweistündigen Probe in den Räumen des Japanischen Clubs an der Oststraße. Viele Auftritte hat der Chor schon, etwa beim Japan-Tag oder in der Schumacher-Brauerei, wo sie deutsche Trinklieder sangen. Aber der Chor hat sich mittlerweile auch außerhalb der Landeshauptstadt einen Namen gemacht, so dass es unter anderem bereits Auftritte bei Weinfesten an Lahn und Mosel gab.

Da der Chor hauptsächlich aus Geschäftsmännern besteht, ist die Mitgliederstruktur von einem Kommen und Gehen geprägt. Denn in der Regel werden die Sänger nach einigen Jahren wieder zurück nach Japan oder an einen anderen Ort versetzt. So hat sich Gründer Thomas Takeda etwas Außergewöhnliches zur Rekrutierung neuer Mitglieder einfallen lassen: Er besucht Karaokebars. Diese haben noch immer eine große Bedeutung in der japanischen Popkultur und eignen sich damit bestens, um gesangsbegeisterte Exil-Japaner in Düsseldorf anzutreffen.

Die zweite Herausforderung, mit der der Chor zu kämpfen hat, ist ein altbekanntes Problem, das auch viele deutsche Chöre plagt. Denn das Singen in einem Chor ist bei vielen jungen Menschen nicht mehr angesagt, so dass der Chor vorwiegend aus Männern zwischen 60 und 70 Jahren besteht. Zwei Ausnahmen sind Yuichi Sato und Kensei Tamusa. Beide sind 35 Jahre alt und aus ganz unterschiedlichen Gründen dabei.

Als Anästhesist hat Kensei Tamusa in seinem beruflichen Umfeld nur wenig Kontakte zu Landsleuten. Das Singen im Chor ist deshalb eine Chance für ihn, ein Stück weit auch in Kontakt mit seiner Heimat zu bleiben. Yuichi Sato arbeitet dagegen für den Japanischen Club und lebt erst seit rund zwei Jahren in Deutschland. Für ihn ist vor allem das Singen deutschsprachiger Lieder ein Gewinn. "Auf diese Weise kann ich meine Deutschkenntnisse weiter verbessern", erzählt er. So ungewöhnlich das klingt: Yuichi Sato ist nicht das erste Mitglied, das versucht, Vokabeln zu pauken. Wobei die meisten eher die in die andere Richtung lernen wollen: So gab es bereits Mitglieder aus der Türkei oder Ägypten, die in dem Chor ihr Japanisch vertiefen wollten.

Vor zwei Jahren feierte der Chor sein 25-jähriges Bestehen mit einem Konzert, bei dem auch viele Ehemalige teilnehmen. Mit ihnen zählt der Chor bereits 150 Mitglieder. Und solange es Karaokebars gibt, wird der Chor vermutlich noch eine lange Zeit weiter bestehen.

(RP)
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