Reisholz Toleranz fördern und diskutieren

Reisholz · Sozialarbeiterin Barbara Drews lädt einmal pro Wochen nachmittags zur Tea Time. Teilnehmen kann jeder, um über Dinge zu sprechen, die einen bewegen und sich dabei auszutauschen.

 Diskutieren regelmäßig bei der Tea Time (v.l.): Barbara Drews, Gravis, Christabel und Kofi.

Diskutieren regelmäßig bei der Tea Time (v.l.): Barbara Drews, Gravis, Christabel und Kofi.

Foto: Olaf Staschik

Die Fünf von der Elisabethschule sind engagiert bei der Sache - die Jungen etwas schüchtern, die beiden Mädchen temperamentvoll. Es geht um die Frage, welche Eigenschaften ein Gentleman - oder im Zeitalter der Emanzipation - eine Gentlewoman auszeichnet. Ob "Man" oder "Woman", darin sind sich die Kinder aus Ghana, von der Elfenbeinküste, dem Iran und Deutschland einig: Wenn ein Mensch Hilfe braucht, dann steht ein Kavalier ihm zur Seite.

Dass diese lebhafte Diskussion im Bürgerhaus Reisholz an der Kappeler Straße unter dem Stichwort "Tea Time" geführt wird, ist erst einmal amüsant. Vermutet man doch eher reifere Jahrgänge, die dem aromatischen Getränk und der Sitte unserer Inselnachbarn frönen. "Tea Time, das kann bei uns jede Gruppe sein, Männer oder Frauen, Deutsche und Migranten oder gemischt", erklärt Barabara "Queen" Drews, die begleitende Fachfrau für das Projekt.

Seit einem Jahr treffen sich Kinder der Elisabethschule regelmäßig dienstags zu Kakao, Plätzchen und - vor allem - zum Austausch über Themen, die sie bewegen. Das hat sie nahe gebracht. Toleranz, Streitkultur und Verständnis gefördert. "Anfangs war es schon schwierig", gesteht Drews. Es ging um die wichtige Frage: Was möchtest du nicht? Die Kinder wussten es und hatten den Mut, es auszusprechen: nicht ausgelacht werden, nicht beleidigt werden und ausreden dürfen." Also musste jeder lernen, diese Grundlagen zu praktizieren. Das Ergebnis zeigt Offenheit und echte Gesprächskultur - hier ist Vertrauen gewachsen.

"Wenn meine Schwester was braucht, dann nicht nein sagen, sondern helfen", sagt Ahmad und geht der Gentleman-Frage weiter auf den Grund. Christabel ist überzeugt, dass dabei die schulische Bildung eine Rolle spielt: "Ich sehe immer Kinder aus dem Gymnasium, die ganz ordentlich sind", sagt sie. "Hat das wirklich mit Schule zu tun?", wendet Barbara Drews ein. Jeder lerne doch auch in seiner Freizeit und von den Eltern. Lernen heiße, Erfahrungen zu machen - und das überall. Bei der Frage, was man so alles lernen kann, fällt den Kindern eine Menge ein, das den Titel "gentlemanlike" verdient: Ehrlich sein, beim Einkaufen kein Geld verschwenden, die kleine Schwestern nicht hauen und: Wenn jemand Hilfe braucht, etwas zu tun und nicht wegschauen. Was tut man, wenn Menschen nicht nett zueinander sind oder Kinder sogar andere Kinder schlagen? Die Stunde vergeht im Flug, und es gibt es eine Hausaufgabe: zu Hause zu fragen, was für die Eltern ein Gentleman ist.

Noch ein Ausblick für die nächste Woche: Queen Drews verspricht, Spielszenen, die zeigen sollen, wie ein Kavalier reagiert. Vieles sei nur in einer kleinen Gruppe möglich, sagt die Sozialarbeiterin. Zum Beispiel, Vertrauen fassen und offen über Ängste sprechen. Inzwischen haben die Fünf bei Tea Time vieles neu entdeckt: Wie es sich "anfühlt" an einem schön gedeckten Tisch zu essen und sich dabei manierlich zu benehmen, oder dass auch echte Jungs Spaß beim Tanzen haben dürfen, dass Gerichte aus fremden Ländern schmecken können, aber nicht müssen.

"Wow gefällt mir, heißt es manchmal", sagt Drews lachend. "Jede Kultur ist eine Bereicherung, es geht darum, das zu erkennen und zu nutzen, dann kann etwas Neues entstehen. Kofi, Travis, Lina, Ahmad und Christabel sind auf dem Weg.

(bgw)
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