Reisholz Längst angekommen in der zweiten Heimat

Reisholz · Die Kamerunerin Barbara Drews kam vor 16 Jahren nach Düsseldorf, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Neben Kursen war es vor allem das Alltagsleben, das ihr die neue Sprache leicht machte.

 Jedes Jahr schmückt Barbara Drews mit ihren Kinder den Weihnachtsbaum anders, dieses Jahre sind es silberne und goldene Kugeln.

Jedes Jahr schmückt Barbara Drews mit ihren Kinder den Weihnachtsbaum anders, dieses Jahre sind es silberne und goldene Kugeln.

Foto: Olaf Staschik

Ihre große Familie vermisst Barbara Drews manchmal schon, und den weiten Raum, den ein Haus mit Garten bietet. Doch das melancholische Gefühl Heimweh überfalle sie nur im deutschen Winter. "Ich ziehe dann so viele Klamotten an, dass ich mich nicht mehr richtig bewegen kann, das ist wie in einem Astronautenanzug," sagt die Kamerunerin lachend.

1999 war die 36-Jährige auf den Sprung nach London, um dort zu studieren. Doch dann kam die Liebe dazwischen und der Weg führte stattdessen nach Deutschland. 16 Jahre ist Queen - wie die Kinder sie an ihrem Arbeitsplatz im Reisholzer Bürgerhaus nennen - nun verheiratet. Und die Familie ist mit Dorian (15) und Lana (elf) größer geworden. "Als ich hier ankam, habe ich kein Wort Deutsch gesprochen", erinnert sie sich. Damals gab es vom Ausländeramt keine große Hilfe und schon gar keine Informationen zu Sprachkursen. Einschlägige Schulen - teure private - habe sie selbst gegoogelt und "mit dem Unterricht war dann das ganze Taschengeld weg", erinnert sich die temperamentvolle Frau. Aber ein Sprachkursus sei einfach zu wenig, er vermittelt nichts über die Mentalität. Richtig Deutsch gelernt habe sie dank der tollen Unterstützung ihrer Schwiegermutter. "Sie ist mit mir Einkaufen gegangen und hat gesagt ,das ist eine Kartoffel, das ist ein Brot', und dann hat sie mit mir zusammen gekocht". Diese praktische Art zu lernen, sei effektiver, als der theoretische Sprachunterricht. "So wusste ich nicht nur wie die Sachen heißen, sondern auch, was man damit macht", erklärt Barbara Drews.

Dass die Lehrerin ihres Sohnes nur mit ihrem Mann sprach, weil sie offenbar voraussetzte, eine Afrikanerin sei der deutschen Sprache nicht mächtig und weitere Missverständnisse in der Schule spornten Barbara Drews an. Sie gründete den Verein Buntu und unterstützt Eltern und Kinder mit Migrationshintergrund bei Problemen rund um die Schule. "Auf einmal war ich nicht mehr allein, sondern hatte ganz viele Kontakte zu völlig unterschiedlichen Menschen", sagt sie und beginnt allein bei dem Gedanken zu strahlen. Diese Aufgabe und die Kontakte zu so vielen Menschen seien für sie mit dem Gefühl verbunden "endlich angekommen zu sein". Menschen, die nach Deutschland kommen, ganz gleich ob freiwillig oder weil sie den Katastrophen in ihrem Land entfliehen wollen, rät sie, offen zu sein, nicht so schnell zu urteilen und bereit zu sein, zu lernen. "Es ist nicht einfach, doch wenn ich falle, muss ich wieder aufstehen", lautet sie ihre Devise. Und: keine Angst zu haben.

Das größte deutsch-afrikanische Missverständnis verbindet die 36-Jährige mit einem Party-Erlebnis: "Es gab Chips, die Musik spielte, und es standen Gruppen zusammen, die sich unterhielten", erinnert sie sich. Nach zwei Stunden habe sie ihre Freundin gefragt, wann die Party endlich anfänge. "In Afrika wird ohne Ende getanzt und gegessen", erklärt sie.

Ihre Kinder werden in zwei Kulturen erzogen - und das ist ihr wichtig. "Sie sind ganz bewusst in zwei Ländern zuhause." Traurig sei, dass die afrikanischen Großeltern immer nur Visa für drei Monate bekämen. "Die Kinder sollten viel Zeit mit ihren Großeltern verbringen, denn eine Kultur oder Denkweise lernt man nicht von alleine, man muss sie bewusst vermitteln", meint sie.

(RP)
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