Reisholz Abschiedsparty für Schulleiter Marienfeld

Reisholz · Es sind nur noch wenige Minuten, bis in der Aula des Freien Christlichen Gymnasiums an der Buchenstraße die Verabschiedung von Schulleiter Uli Marienfeld beginnen wird. Heute ist sein letzter Schultag in Reisholz; der 56-Jährige wechselt nach Berlin. Obwohl die Zeit drängt, sitzt er entspannt in seinem Büro und redet über seine Vergangenheit an der Schule und seine berufliche Zukunft. 2004 kam er an die Christliche Gesamtschule in Hassels; zwei Jahre später übernahm er die Leitung des erst kurz vorher gegründeten Gymnasiums.

 Wo er auch auftaucht, ist der scheidende Schulleiter Uli Marienfeld schnell von Schülern umringt.

Wo er auch auftaucht, ist der scheidende Schulleiter Uli Marienfeld schnell von Schülern umringt.

Foto: Anne Orthen

Das war in den vergangenen Jahren gleich mehrfach in die Schlagzeilen geraten. 2012 war es die Insolvenz; die Stadt musste mit über 20 Millionen Euro einspringen. Im Mai vergangenen Jahres wollte der Trägerverein Marienfeld des Amtes entheben. Stichhaltige Gründe wurden öffentlich nie angeführt. Er habe mal eine Liste mit sieben Kritik-Punkten an ihm gesehen, aber auch für ihn sei das nichts Greifbares gewesen, sagt Marienfeld in der Rückschau. Durch den massiven Protest der Schüler schwenkte der Förderverein am Ende um. Doch den freiwilligen Weggang ihres von ihnen verehrten Schulleiters konnten die rund 700 Schüler nicht verhindern.

Zum neuen Schulhalbjahr wechselt er an eine christliche Schule in der Hauptstadt. Warum Berlin? Dort lebt inzwischen seine gesamte Familie; alle vier Kinder sowie bereits drei Enkelkinder. In deren Nähe zieht es Marienfeld: "Zuletzt war ich bestimmt zwischen zehn und 15 Wochenenden im Jahr in Berlin."

Vor acht Jahren hat er begonnen, sich nach Berlin wegzubewerben. Bei der Schule, bei der er jetzt anfängt, sei er seit vier Jahren im Gespräch, erzählt er. Im April 2015 habe er erfahren, dass man ihn haben wolle. Das sei jetzt noch eine Grundschule, die läuft in Berlin von Klasse ein bis sechs. Allerdings soll er eine Oberstufe aufbauen, die spätestens 2017 anlaufen soll - für Marienfeld ein reizvolles Projekt.

Hätte man diesen Kenntnistand bereits vor einem Jahr bei der öffentlich geführten Diskussion um den Schulleiter gehabt, hätte man sich eine Menge Ärger und Frust ersparen können, sagt Herbert Dannert, Verwaltungsleiter beim die Schule betreibenden Rheinisch-Bergischen Verein Freie Christliche Schulen: "Dann hätten wir das einfach in Ruhe auslaufen lassen können." Trotzdem scheidet man nicht im Zorn: "Er ist ein charismatischer und begeisternder Mensch und Schulleiter", sagt Dannert.

Drei Türen führen aus oder in Marienfelds Büro, je nachdem aus welcher Warte man das sieht. Und selbst etwas eher Nebensächliches bekommt bei ihm eine besondere Bedeutung: "Viele Schulleiter-Büros sind Sackgassen", sagt er. Seines nicht. Die meiste Zeit stehen die Türen offen. Sein Konzept. Aber auch wenn sie geschlossen sind, wird eifrig dran geklopft.

Wie an diesem Morgen. Beim ersten Mal stehen zwei Unterstufenschülerinnen vor der Tür. Eine hat dem scheidenden Direktor ein Bild gemalt - vom Düsseldorfer Fernsehturm - den wechselt Marienfeld nun mit seinem stattlicheren Kollegen in Berlin aus.

Eigentlich sollte der Wechsel erst nach dem Ende des Schuljahres vollzogen werden, doch zum einen hatte man inzwischen in Berlin Not, weil ein Lehrer gekündigt hatte, und zum anderen signalisierten ihm seine beiden Stellvertreter Uli Falk - der wechselt zum Schuljahresende an den Niederrhein - und Nicole Napiwotzki, dass er sowieso fehlen werde, egal ob ab Februar oder erst ab August.

Die Bewerbungsfrist für die Nachfolge ist bereits abgelaufen. Vier Bewerbungen hat es gegeben, keine aus dem Kollegium. Herbert Dannert hofft, dass bis zum neuen Schuljahr jemand gefunden ist. Etwas unglücklich sei es, dass auch Uli Falk nun gehe. Auch dafür hat Dannert Verständnis: "Er pendelt derzeit täglich von Kleve nach Reisholz." Doch trotz der unverhofften Parallelität der Ereignisse, will der Trägerverein nichts überstürzen: "Das erweiterte Schulleitungsteam hat sieben etablierte Kollegen, mit denen der Schulbetrieb erstmal gut und geordnet weiterlaufen kann. Das ist ein super Team."

Es klopft erneut an Marienfelds Tür. Eine Schülerin übergibt eine Flasche Wein, die andere hat ihm einen Abschiedsbrief geschrieben. So langsam wird es Zeit für das, was Schüler und Lehrer vorbereitet haben: 45 Minuten Programm in der Aula.

Unter anderem haben die Schülervertreter Lara und Thilo eine Rede vorbereitet. Es fallen Worte wie "Respekt", "die Schule wird Sie schmerzlich vermissen" sowie der Satz "Ich sehe Dich". Das ist einer der Sätze, die im pädagogischen Konzept von Uli Marienfeld eine gewichtige Rolle spielen. Wie auch die Kultur der Wertschätzung. Wenn die Fünftklässler eingeschult wurden, setzte er sich mit allen in sein Büro - auf den Fußboden. Nach diesem Gespräch hatten sie keine Angst mehr vor dem Schulleiter. Aber Respekt.

Nach der Verabschiedung durch die Schüler und Kollegen steht am späteren Mittag noch der offizielle Teil an. Dafür werde er sich dann wohl ein Hemd anziehen, sagt Marienfeld. Noch ist er mit einem schwarzen T-Shirt, einer schwarzen Sweatstoff-Jacke und einer weißen Hose bekleidet. Die ist übrigens zu seinem Markenzeichen geworden. "Die trägt er fast immer", sagt der Hausmeister. Und damit verstehen dann auch Nicht-Eingeweihte, warum die Überschrift der Verabschiedungsfeier lautet: "Die Hose geht von Bord."

(RP)
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