Rath Senioren wollen bessere Betreuung

Rath · Bewohner des Seniorenzentrums Pro Talis beklagen zu wenig Pflegekräfte. Die Atmosphäre leide darunter, sagen sie.

Ingeborg Suter lebt gerne im 2014 eröffneten Pro Talis Seniorenzentrum an der Rotdornstraße. "Mein Zimmer mit einer kleinen Terrasse und das großzügige Bad sind wirklich schön", sagt die 66-Jährige. So wurden die Zimmer um satte 30 Prozent größer konzipiert, als es gesetzlich normalerweise vorgeschrieben ist.

Ingeborg Suter hat sich vor zwei Jahren für das Leben im Heim entschieden, da sie alleinstehend und durch verschiedene Krankheiten gehandicapt ist. Was ihr allerdings gar nicht gefällt und was sie schon mehrfach angemahnt hat, ist die Personalsituation. "Ich weiß, dass fehlendes Personal ein allgemeines Problem der Altenheime in Deutschland ist. Aber das macht für uns die Situation nicht besser", sagt Suter.

Sie kritisiert, dass oft zu wenige und auch nicht fertig ausgebildete Pflegekräfte im Einsatz seien. "Alles wird dann im Eiltempo erledigt, und so herrscht keine schöne Atmosphäre im Haus. Keiner hat Zeit für ein kurzes Gespräch oder dafür, außer der Reihe nach einem zu schauen", sagt auch eine bettlägerige, über 90 Jahre alte Bewohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Diese Vorwürfe bestätigt ein Angehöriger, der ebenfalls seinen Namen nicht veröffentlichen will. "Meine Tante habe ich bei einem Besuch auf der Toilette angetroffen, auf der sie schon über zehn Minuten auf Hilfe wartete. Es hat dann noch 40 Minuten gedauert, bis endlich jemand auf der Station anzutreffen war. Das Personal ist sehr im Stress und geht dann respektlos mit den Bewohnern um, duzt diese zum Teil."

Die Einrichtungsleiterin Birthe Grashof kann die Vorwürfe nachvollziehen, allerdings gehörten diese Probleme inzwischen größtenteils der Vergangenheit an. "Als ich im Dezember 2016 die Heimleitung übernommen habe, war die Situation tatsächlich nicht schön und es gab Engpässe. Deshalb arbeiteten viele Menschen von Zeitarbeitsfirmen hier, die weder die Besucher noch das Haus kannten. Der Umgang miteinander war deshalb nicht gut." Inzwischen habe sie aber zusammen mit einer neuen Pflegedienstleitung kontinuierlich eigene Teams aufgebaut. Deshalb kann jetzt auf Zeitarbeitsfirmen vollständig verzichtet werden. "Wir bilden selber aus und übernehmen die Auszubildenden später. Wir zahlen gut, denn der Konkurrenzkampf um gute Kräfte ist sehr groß und hart. Inzwischen haben wir sogar zwei Stellen über den vorgeschriebenen Stellenplan besetzen können", sagt Grashof, die auf rund 30 Jahre Erfahrung in der Pflege zurückschauen kann.

Wenn nicht respektvoll mit den Bewohnern umgegangen wird, ärgert das die Leiterin selbst. "Ich greife dann sofort ein, und ich habe auch eine Dienstanweisung geschrieben, dass die Bewohnern nicht geduzt werden sollen." Das hat aber kurioserweise zu Protesten einiger Senioren geführt. "Die haben erklärt, dass sie geduzt werden wollen, da sie sich hier heimisch fühlen und auch einige Pfleger schon seit Jahren kennen." Um für eine gute Kommunikation innerhalb des Hauses zu sorgen, bietet Birthe Grashof inzwischen im wöchentlichen Rhythmus Sprechstunden an. Dabei sei es egal, ob die Sprechstunde für Kritik, Beschwerden oder persönliche Wünsche genutzt würde.

(brab)
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