Oberkassel Ein Haus für Pflegebedürftige

Oberkassel · Die Oberkasseler Diakonie feiert in diesem Jahr den zehnten Geburtstag des Dorothee-Sölle-Hauses.

 Bettina Orthey, Leiterin Soziale Dienste, und Peter Wienß, Chef des Oberkasseler "Leben im Alter-Zentrums", am Dorothee-Sölle-Haus.

Bettina Orthey, Leiterin Soziale Dienste, und Peter Wienß, Chef des Oberkasseler "Leben im Alter-Zentrums", am Dorothee-Sölle-Haus.

Foto: Bernd Schaller

Das Dorothee-Sölle-Haus ist noch nicht alt und doch gehört es inzwischen untrennbar zu Oberkassel. Für Peter Wienß, Chef der Oberkasseler Diakonie, ist der runde Geburtstag der Einrichtung, die in das Oberkasseler "Leben im Alter-Zentrum" integriert ist, ein Anlass zu feiern und Bilanz zu ziehen. "Wir sind im Stadtteil angekommen", resümiert er die Entwicklung. "Durch die Stadtbezirkskonferenz, zu der alle linksrheinischen sozialen Einrichtungen und Gruppen gehören, sind wir prima vernetzt."

Angefangen hat die Erfolgsgeschichte, als die Diakonie sich anschickte, zwischen Gemünder Straße und Hansaallee ein neues Standbein zu schaffen mit Begegnungsstätte, später Zentrum plus, und Wohnen mit Nachbarschaft. Der Bau eines Pflegeheims mit 78 Plätzen komplettierte die Anlage, die im März 2005 unter dem Namen "Dorothee-Sölle-Haus" den Betrieb aufnahm. Stationäre, häusliche, Tages- und Kurzzeitpflege sind dort untergebracht. Ein besonderes Angebot ist die Kurzzeitpflege, für die 14 Plätze zur Verfügung stehen. Wie in einem Hotel können sich dort Menschen vorübergehend versorgen lassen, wenn ihre pflegenden Angehörigen beispielsweise Urlaub machen. "In den vergangenen zehn Jahren wurden 1800 Menschen in der Kurzzeitpflege aufgenommen", sagt Wienß und erzählt von einem Mann, der als Ehrenamtlicher in die Einrichtung kam. Zuerst hatte dieser sich um andere gekümmert und als es nicht mehr ging, wechselte er in eine der betreuten Wohnungen und später ins Dorothee-Sölle-Haus auf die Pflegestation. Wienß: "Wir sind froh, ja auch ein bisschen stolz, dass wir angstfreie Übergänge in die nächste Lebensphase anbieten können." Das Durchschnittsalter für stationäre Aufnahmen liege bei 87 Jahren. Gerne erinnert sich Wienß an eine 98-jährige Frau. "Alle sagten, sie komme bloß zum Sterben zu uns", erinnert er sich. Sie habe sich aber so wohl gefühlt, dass sie aufblühte und vergnügt mit dem Rollstuhl durch die Gegend gefahren sei. "Drei geschenkte Jahre für die Hochbetagte, in denen sie immer fröhlich war."

Fröhlichkeit vermitteln auch die Bilder an den Wänden der Stationen. Kunst, für die die Bewohner selber sorgen. Denn die Oberkasseler Künstlerin Ulrike Schwartz bietet ihnen ehrenamtlich Malkurse an. Das bringt Abwechslung in den Alltag der Mitarbeiter des Hauses, die mit vielen Schicksalen konfrontiert werden. Denn alle Bewohner, die Wienß lieber "Gäste" nennt, haben mehr oder weniger den Zweiten Weltkrieg erlebt, wie eine Mutter, die ihre Tochter verloren hat und mit dem Verlust bis heute nicht zurechtkommt. Viele kamen als Flüchtlinge in den Westen, die Angehörigen leben weit verstreut. Und manche Männer plagen Gewissensbisse, wenn sie an ihre Soldatenzeit denken. Wienß: "Ich hörte, wie jemand sich bei einer Geburtstagsfeier beklagte, dass die Jugend heute alles in Frage stelle. Darauf sagte ein alter Mann: ,Als ich jung war, habe ich nicht nachgefragt, bin mitgelaufen - bis zum bitteren Ende.'"

Hochbetagte und kranke Menschen können im Sölle-Haus "leben wie zu Hause" mit eigenen Möbeln, ja auch Haustieren. Doch es wird auch dafür gesorgt, dass das Lebensende würdig gestaltet wird. "Bei einem Todesfall organisieren wir eine Trauerfeier auf besondere Weise", sagt Bettina Orthey, Chefin der Sozialen Dienste. Das menschliche Schicksal werde dabei mit Symbolen dargestellt. "Ein Stein für die Schwere im Leben, eine Kerze für das Helle und eine Rose für das Schöne und Vergängliche."

(RP)
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