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Schiedsmann in Oberbilk Wenn's zwischen den Nachbarn kracht

Oberbilk · Manchmal löst schon ein Aufkleber an der Wohnungstür einen Streit aus. Stefan Schmitz hilft dann als Schiedsmann. Gerade wenn es um Kinderlärm gehe, werde manchmal besonders heftig gestritten.

 Stefan Schmitz lädt zerstrittene Parteien zum Gespräch in ein Gebäude der katholischen Kirchengemeinde am Josefplatz.

Stefan Schmitz lädt zerstrittene Parteien zum Gespräch in ein Gebäude der katholischen Kirchengemeinde am Josefplatz.

Foto: Andreas Endermann

Liebe deinen Nachbarn, aber reiße den Zaun nicht ein, heißt es in einem deutschen Sprichwort. Doch wenn die Nachbarn in einem Haus leben und nur ein Flur oder ein paar Stufen zwischen ihnen liegen, scheint der Streit nicht mehr weit. Gerade in Oberbilk mit seinen vielen Mietshäusern, in denen schon mal 16 Parteien in einem Gebäude lebten, sei das Konfliktpotenzial daher besonders hoch, sagt Stefan Schmitz. In einigen Fällen schaukele sich der Streit zwischen den Parteien sogar so hoch, dass Nachbarn am liebsten handgreiflich werden würden. "Manchmal sind die Parteien so verbittert, dass sie einander vernichten, sogar vor Gericht ziehen wollen. Doch selbst wenn man dort gewinnt, ist das Problem nicht aus der Welt geschafft: Denn man begegnet sich als Nachbarn eben immer wieder", sagt der Schiedsmann für den Stadtteil.

Seit 2014 versucht Stefan Schmitz ehrenamtlich zwischen zerstrittenen Parteien in Oberbilk zu vermitteln, außergerichtlich Kompromisse zu erarbeiten und damit auch zu verhindern, dass das Amtsgericht mit solchen Fällen behelligt wird: "Oft ist es so, dass jemand sich so über einen anderen ärgert, dass er bei der Polizei Anzeige erstatten will. Doch in einigen Fällen muss man vorher eben erst mal zum Schiedsmann gehen." Meist gehe es um Streit wegen Kinderlärm, um Beleidigungen oder Bäume, die auf das Grundstück des Nachbarn herübergewachsen seien. "Einmal hat sogar ein Aufkleber an einer Wohnungstür einen Streit ausgelöst", sagt der Schiedsmann. Wichtig sei es dann, genau hinzuhören, denn meist gehe es um viel mehr. "Tatsächlich ging es um alte Beziehungsprobleme: Die Nachbarn waren mal Freunde, zerstritten sich dann aber wegen eines Gemeinschaftsprojekts, und der eine versuchte dann, dem anderen einen reinzudrücken", sagt Schmitz, der als Software- und Servicetrainer arbeitet.

Oft versuchten Nachbarn einfach zu lange, ihre Angelegenheiten selbst zu klären: Dann würde der Ärger eine so hohe "Streiteskalationsstufe" erreichen, dass man dann auch als Schiedsmann nicht mehr helfen könne. Gerade wenn es um Kinderlärm gehe, werde manchmal besonders heftig gestritten. "Eine Mutter hatte einmal sogar das Gefühl, im Wohnhaus nicht mehr sicher zu sein und zog mit ihrer Familie aus, obwohl sie im Recht war", sagt Schmitz. Dabei seien Kompromisse manchmal leicht zu erzielen: "Einmal hat eine Mutter einfach ihr Schlaf- mit dem Kinderzimmer getauscht, und schon fühlten sich die Nachbarn unten drunter nicht mehr so gestört."

Rund 80 Prozent der Fälle seien schnell, in nur einer Sitzung zu regeln. Meist helfe es, dass eine unparteiische Person dazukomme und versuche, einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten leben können. Die Parteien endlich an einen Tisch zu bekommen, sei schon ein Durchbruch. Am Ende des Treffens unterschreiben alle Beteiligten das Protokoll der Sitzung: "Jede Einigung ist 30 Jahre rechtsgültig: Man muss also das, was man zugesagt hat, einhalten."

Dass Stefan Schmitz aus Oberbilk stammt und dort lebt, helfe ihm bei der Arbeit. So kenne er die Strukturen und viele Menschen. "Das ist auch der Sinn eines Schiedsamts: dass es lokal ist", sagt er.

(semi)
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