Mörsenbroich/Melbourne Deutsche Weihnachten in Down Under

Mörsenbroich/Melbourne · Typisch-deutsch mit australischem Einschlag: So feiert Pfarrer Christoph Dielmann von der evangelischen Thomaskirche in Mörsenbroich das Fest in seiner neuen Gemeinde in Melbourne. Barbecue und "Aschenbrödel"-Film inklusive.

Wenn man sich das "Programm" für die Weihnachtstage in der Dreifaltigkeitskirche im australischen Melbourne ansieht, könnte man sich in Mörsenbroich oder irgendeinem anderen Ort in Deutschland wähnen: Krippenspiele, die Vorführung vom "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel", ein Weihnachtskonzert mit Musik von Bach und Brahms, dann noch Spekulatius und Lebkuchen. Typisch-deutsch, könnte man auf den ersten Blick meinen. Doch ganz so ist es dann eben doch nicht. "Ein Krippenspiel bei 40 Grad Celsius, eine Messe im Sommerkleid und ein Barbecue nach dem Gottesdienst: Das ist schon sehr speziell", sagt Christoph Dielmann und lacht.

In seiner alten Gemeinde in Mörsenbroich war Dielmann in seiner 15-jährigen Amtszeit für Überraschungen bekannt: Im Dezember 2012 schaltete er zum Beispiel den zwei Jahre zuvor bei "Wetten, dass..." verunglückten Samuel Koch per Internet zu, verfasst jedes Jahr ein neues Krippenspiel in Reinform und sang auf seiner Gitarre populäre Lieder, zum Beispiel von Sting. Ende Juli zog er dann mit seiner Frau und seinen beiden Kindern nach Melbourne, um dort Pfarrer an der deutschen evangelisch-lutherischen Dreifaltigkeitsgemeinde in Melbourne zu werden, wo er nun sein erstes Weihnachtsfest feiert.

Und dort möge man Weihnachten auf die typisch-deutsche Art und mit australischem Einschlag. Letzteres merke man vor allem an der Weihnachtsbeleuchtung und -dekoration, sagt Dielmann und lacht: Mehr sei in Down Under mehr. Mit Lametta sei man zum Beispiel "besonders freigiebig". Und da Weihnachten im Sommer bei 30 bis 40 Grad gefeiert wird, gibt es morgen nach dem Gottesdienst um 11 Uhr ein Barbecue beziehungsweise ein "Barbie", wie die Australier sagen.

Dass die Hochsaison als Pfarrer mit der Ferienzeit zusammenfalle, sei nicht optimal, doch man passe sich an das "easy-Living"-Gefühl vor Ort an, sagt Dielmann. Dazu gehöre es auch, dass man surfen gehe oder sich mit dem Cricket-Sport beschäftige. "Man sagt, dass das die wichtigste Religion hier ist", sagt Dielmann. Auf dem Kirchhof habe er auch schon einen Cricket-Ball geworfen, die vielen Regeln und die lange Spieldauer (ein Spiel kann schon mal mehrere Tage dauern) seien allerdings für Außenstehende schwer zu verstehen beziehungsweise gewöhnungsbedürftig.

"Ich vermisse meine Gemeinde und meine Band und grüße sie herzlich, doch in Mörsenbroich habe ich auch immer versucht, noch eine Schippe drauf zu legen", sagt der Pfarrer. Diesen Druck verspüre er vor Ort zurzeit nicht. "Mein Vorgänger gab mir den Tipp, im ersten Jahr alles so zu machen, wie die Gemeinde es gewohnt ist, und das finde ich auch gut. "

Dass seine neuen Gemeindeglieder, darunter Expatriates mit ihren Kindern, viel Wert auf die Pflege deutscher Traditionen und die deutsche Sprache legen, gebe ihm viel zurück. Viele Familien würden eine Stunde Autofahrt in Kauf nehmen, um Heiligabend am deutschen Gottesdienst in Melbourne teilnehmen zu können. In einem nahe gelegenen deutschen Seniorenheim singt Dielmann oft Lieder wie "O Tannenbaum" oder "Hoch auf dem gelben Wagen". "Man macht dann den Andy Borg, doch ich mache das gerne, denn ich sehe, wie die Musik die Menschen belebt und aktiviert."

(semi)
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