Lichtenbroich WG für ein selbstbestimmtes Leben

Lichtenbroich · Drei erwachsene Behinderte leben zurzeit gemeinsam in einem Haus in Lichtenbroich. Mit viel Unterstützung können sie ihren Alltag individuell gestalten.

 Oliver Platen, Silvia Heinrich und Luigi di Benedetto leben in einer Wohngemeinschaft.

Oliver Platen, Silvia Heinrich und Luigi di Benedetto leben in einer Wohngemeinschaft.

Foto: andreas bretz

In der Wohngemeinschaft im Thorsten Küppers-Haus ist ein Zimmer frei. Bewohnerin Silvia würde sich gerne eine weibliche Mitbewohnerin wünschen. "Alleine mit zwei Männern ist auf die Dauer nichts." Bei der Suche ist Silvia allerdings auf Hilfe angewiesen, denn wie ihre Mitbewohner Luigi und Oliver ist sie behindert, braucht sie viel Unterstützung im Alltag.

Seit 2013 leben in dem großzügigen Haus, das vorher als Seniorenzentrum genutzt wurde und der Düsseldorfer Bau- und Spargenossenschaft (DüBS) gehört, gehandicapte Erwachsene zusammen. Luigi beispielsweise ist Autist, Oliver nach einem Verkehrsunfall als Kind geistig behindert, ebenso Silvia, die zudem noch sehbehindert ist. Das Ungewöhnliche an ihrer Wohnform ist, dass sich die Einrichtung in der Trägerschaft einer Elterninitiative befindet. Pflege und Betreuung werden durch den Service für Ambulante Beatmung (SAB) erbracht. 24 Stunden ist eine Fachkraft vor Ort. "Die Pflege, pädagogische Unterstützung und die hauswirtschaftliche Betreuung kommen bei uns aus einer Hand. Die Bewohner müssen sich deshalb nicht dauernd nach den Zeiten von verschiedenen Anbietern richten, was früher für eine große Unruhe gesorgt hat", sagt Sabine Jeroschinsky, Pflegedienstleitung bei der SAB. Ein individueller Tagesablauf ist so für die Bewohner möglich. "Hier können sie selbstbestimmt leben", sagt Reiner Platen, der Vater von Oliver. Denn die Selbstbestimmung käme gerade in größeren Einrichtungen zu kurz, wo es beispielsweise feste Weck- und Essenszeiten gibt.

Die WG-Mitglieder haben zwar einen eigenen Lebensrhythmus, aber an Regeln müssen sie sich dennoch halten und Pflichten, wie den Gang zum Altpapiercontainer, übernehmen. "Dass Oliver einmal lernen würde, wie man staubsaugt, hätte ich vorher nie gedacht", sagt Mutter Brigitte Platen. "Hier herrscht zudem auch viel mehr Ruhe. Das hat sich sehr positiv auf Luigi ausgewirkt, der mit Trubel nicht gut zurechtkommt. Dass er hier leben kann, ist wie ein Sechser im Lotto", sagt Mutter Addolorata de Giovanni. Luigis Schwester Maria di Benedetto wiederum lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst. "Wir kennen Luigi unser ganzes Leben lang und wenn wir deshalb zum Umgang mit ihm Vorschläge machen, werden wir ernst genommen." Sie wünscht sich deshalb, dass sich mehr Eltern trauen, solch eine individuelle Wohngemeinschaft ins Leben zu rufen.

In Düsseldorf ist die SAB bislang nur in einer Wohngemeinschaft tätig. "Wenn wir eine geeignete Immobilie finden würden, könnten es mehr werden", sagt Jeroschinsky. Der Bedarf sei durchaus da, zumal nicht jeder Platz einfach besetzt werden könnte. "Die Bewohner müssen gut zusammen passen und es muss geschaut werden, ob die neue Konstellation dann auch pflegerisch zu bewältigen ist", sagt Jeroschinsky . Deshalb ist auch erst einmal Probewohnen angesagt. Für die Wohngemeinschaft ist der Standort unmittelbar angrenzend an das Lichtenbroicher Einkaufszentrum und eingebettet in eine Einfamilienhaussiedlung ideal. "Wir pflegen ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis", sagt Nachbar Hermann Draber. Er besucht immer mal die WG, feiert zusammen mit den Bewohnern und seine Frau bringt ab und zu einen Kuchen mit. "Hier findet eine Integration in das Leben und das Umfeld statt", sagt di Benedetto.

(brab)
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