Kaiserswerth Alte Erdschichten begeistern Forscher

Kaiserswerth · Eigentlich sollten die archäologischen Untersuchungen in Kaiserswerth dazu dienen, die Lage des alten Rathauses zu bestimmen und alte Fundamente zu lokalisieren. Bei der Anlage von vier Meter tiefen Suchschlitzen kamen allerdings verschiedene Kulturschichten zum Vorschein, die von der Stadt Düsseldorf als "von höchster Bedeutung" eingestuft werden. Was für den Laien lediglich wie verschiedene Drecksschichten aussieht, soll "für Düsseldorf und das gesamte Rheinland eine wertvolle archäologische Rarität darstellen" und lässt die zuständige Archäologin Ute Becker in den höchsten Tönen schwärmen.

 Untersuchungen haben ergeben, dass an dieser Stelle am Kaiserswerther Markt das Rheintor gestanden hat.

Untersuchungen haben ergeben, dass an dieser Stelle am Kaiserswerther Markt das Rheintor gestanden hat.

Foto: brab

"Das solch eine große Fläche an Kulturschichten gefunden wird, in die nicht eingegriffen wurde, das ist selten", sagt Becker. Insgesamt wären somit Zeugnisse aus 900 Jahren Siedlungsgeschichte vorhanden. Würde man diese Schichten untersuchen, könnte man viele Informationen über das Leben, Arbeiten und Wirtschaften der Kaiserswerther gewinnen. "Dort befinden sich Funde wie Überreste von Alltagsgegenständen, die weggeworfen wurden oder verloren gingen. Wir können daran sehen, was auf welche Art genutzt wurde, welche Techniken zur Herstellung angewandt und welche Werkstoffe eingesetzt wurden."

Aber auch Küchenmüll kann für die Archäologen eine wichtige Informationsquelle sein. "Daraus können wir Rückschlüsse auf die soziale Stellung der Bewohner ziehen, die dort gelebt haben, etwa wenn wir in den Abfällen Überreste von exotischen Gemüsesorten und Knochen von Wild finden." Viele verschiedene Puzzlesteine ergäben schließlich einen lebendigen Einblick in die Vergangenheit.

Dennoch sollen die Schichten unberührt bleiben. "Die Erde ist für uns dort wie ein ungeheuer spannendes Buch. Wenn wir es aber aufschlagen, zerfallen die Seiten zu Staub, wird die Quelle zerstört." Deshalb werden keine weiteren Grabungen und Sichtungen vorgenommen. "Wir hoffen, dass spätere Generationen andere, schonendere Methoden entwickeln, wollen für diese deshalb den Ort unberührt erhalten", sagt Becker. Das sei wie bei einem Tatort, der für die Kriminalpolizei auch am aussagekräftigsten sei, wenn er unberührt bliebe. Das ist in Kaiserswerth zudem gut möglich, weil der neue Wasserkanal nicht unter der Straße, sondern unter der Mittelinsel entlang geführt werden kann. Dort sind die Schichten sowieso durch den vorhandenen Kanal und die Baumwurzeln beschädigt.

Dass bei den umfangreichen Untersuchungen, unter anderem mit Bodenradar-Erkundungen, kein Beleg für das Kaiserswerther Rathaus, das erstmals 1659 erwähnt wurde, entdeckt wurde, ist für Becker "ein großes Rätsel. Aber auch wenn wir keine Spur gefunden haben, es muss dort gewesen sein." Eine Erklärung könnte sein, dass das Rathaus nicht unterkellert war. "Vielleicht war das Rathaus auch sehr klein und hat vollständig im Bereich der heutigen Mittelinsel gestanden. Vor über 100 Jahren wurde dort in offener Bauweise ein Kanal angelegt. Dabei könnten mögliche Überreste vernichtet worden sein", sagt Becker.

Erfolgreicher waren die Archäologen bei der Untersuchung des Rheintors. Die Lage und das Aussehen des 1436 erstmals erwähnten und 1836 abgebrochenen Rheintors ist gut überliefert. Bei den Sondierungsarbeiten wurde in einer Tiefe von rund 40 Zentimetern ein flächiges Echo erfasst, das wahrscheinlich die Fundamente oder den Keller des Tors widerspiegelt.

(brab)
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