Heerdt Wilhelm Schiefers Rückkehr nach Heerdt

Heerdt · Heute um 18 Uhr wird in der Heerdter Bunkerkirche eine Ausstellung mit Arbeiten des Bildhauers Wilhelm Schiefer eröffnet. Sie ist als Retrospektive angelegt. Alle Entwicklungsphasen sind mit vielen Beispielen vertreten.

 Wilhelm Schiefer mit seiner an einen Scherenschnitt erinnernden Arbeit, die ebenfalls in der Bunkerkirche zu sehen ist.

Wilhelm Schiefer mit seiner an einen Scherenschnitt erinnernden Arbeit, die ebenfalls in der Bunkerkirche zu sehen ist.

Foto: Bernd Schaller

Der Stadtteil ist für Wilhelm Schiefer ein besonderer Ort. Hier ist er geboren, hat im Comenius-Gymnasium Abitur gemacht, wurde in der Schmiede seines Vaters mit dem Handwerk vertraut und hier im Elternhaus wohnt noch heute sein Bruder. Dass der in Kaarst lebende renommierte Bildhauer in dem mit einer denkwürdigen Vergangenheit belegten Kunstort Bunkerkirche einen Rückblick auf 80 mit Kunstschaffen angefüllte Lebensjahre zeigen darf, bedeutet ihm viel: "Hier gehen meine Arbeiten mit ihrer Umgebung eine neue Einheit ein."

Diese positive Fügung unterstreicht die Aussagekraft seines Werkes. Denn Schiefer, der von 1955 bis 1965 an der Kunstakademie Bildhauerei und an den Universitäten Bonn und Freiburg Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie studierte, möchte Erlebtes ins Bild setzen, mehrdeutig sein und anregen. Wie sich dieser Anspruch durch sein Schaffen zieht, zeigt die Retrospektive in der Bunkerkirche deutlich. Die einzelnen Schaffensperioden sind mit Beispielen belegt - beginnend bei einem Stück der Examensarbeit bis zu der Lichtsäule, die zum ersten Mal ausgestellt wird. Ihre unterbrochene Ummantelung besteht aus Figuren, die ans Licht streben. Im Rahmen dieser Lichttechnik ist auch "Central Station" entstanden, aus dünnem Sperrholz geschnitten, auf hellen Grund gebracht. Eine mit LED-Lämpchen beleuchtete Milchglasscheibe verleiht Scherenschnitt ähnlichen Details großartige Effekte. Auf eine äußere Betonung jeglicher Art verzichtet Schiefer, wenn er Themen umsetzt, die ihn lange Zeit beschäftigen. So ist der Krieg "eine Spur, die immer wieder auftaucht". Feingliedrige Zinn-Plastiken erzählen von Schmerz und Leid, sie reflektieren die Hungersnot in Biafra, den RAF-Terror in der Bundesrepublik und die Schrecken des Vietnamkriegs. "Manche Stationen haben mich besonders angesprochen. Die Gedanken künstlerisch umzusetzen, ist meine Art der Aufarbeitung", erklärt Wilhelm Schiefer. Dass er alle Plastiken selbst gegossen hat, macht ihn stolz: "Ich habe die alte Esse in der elterlichen Schmiede genutzt."

Im Kontrast zur Aussage der Zinn-Zeitzeugen stehen zarte Wachsplastiken. Für eine Ausstellung im Düsseldorfer Flughafen entstanden, demonstrieren sie das Fliegen. "Mit Wachs arbeite ich am liebsten", erzählt der Künstler. Mit allen auch in den "Bunker-Zellen" angeordneten Arbeiten - darunter ein gewaltiger Partnerstuhl aus Holz, sich verjüngende Himmelsleitern, leicht anrüchig-erotische Sägearbeiten oder schwarz-weiße Sägebilder - zeigt der Bildhauer, wie er Wahrgenommenes experimentell umsetzt. Ob dreidimensionale Plastiken und Holzarbeiten oder Bilder - er lässt Formen und Konturen sprechen, möchte sensibilisieren, aber auch bewegen. Am intensivsten ist ihm das mit den "Brücken über den Nordkanal" gelungen, die der Bildhauer als "wichtigste Arbeit" betrachtet. Er erinnert sich: "Ich habe im Vorfeld Drohbriefe und -anrufe bekommen." Auch seitens der Stadt Kaarst wurde die Großplastik abgelehnt und erst durch die Initiative des Vereins "Kunst am Bodendenkmal Nordkanal" umgesetzt: "Heute sind die Kunst-Brücken Ziel von Stadtführungen." Davon, wie stark das Werk des 80-Jährigen in der Öffentlichkeit vertreten ist, erzählt eine Poster-Vielfalt, die ebenfalls im Kunstort Bunkerkirche gezeigt wird.

(RP)
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