Heerdt Als in Düsseldorf die Bücher brannten

Heerdt · Die evangelische Kirchengemeinde Heerdt erinnerte mit Objekten und Lesungen an verfemte Dichter.

"Ins Feuer werfen" fordert das Publikum. Zuvor war es nach einem Kurzreferat mit der Vorstellung von Werken und deren Autoren vom Gaujugendführer Goie gefragt worden, was er mit den Büchern machen solle. Das geschah am 11. April 1933 rund um den Scheiterhaufen bei der Bücherverbrennung vor dem Planetarium, der heutigen Tonhalle - eine Gedenktafel erinnert daran. Der Aktion, von der Düsseldorfer Jugend als Kundgebung angekündigt, fielen damals Werke von Autoren wie Arnold Zweig, Lion Feuchtwanger, Heinrich Heine oder Erich Maria Remarque zum Opfer.

An diese und andere Aktionen in vielen Universitätsstädten erinnerte jetzt Pfarrer Jörg Jerzembeck-Kuhlmann, Evangelische Kirchengemeinde Heerdt. Im Rahmen der Ausstellung "Zeig dich!" (zu sehen noch bis zum 15. April) im Paul-Gerhardt-Haus gab es vor rund 30 Interessierten unter dem Titel "Vor 85 Jahren: Als in Düsseldorf die Bücher brannten . . ." einen Rückblick auf die Zeit nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten.

"Die Kampagnen zur Bücherverbrennung standen unter dem Motto 'Wider den undeutschen Geist' und waren gut vorbereitet", erklärt der Pfarrer. In dem aufschlussreichen Programm wurden auch die Worte der Autoren gehört, deren Werke in der heutigen Landeshauptstadt an zwei Terminen - eine weitere Verbrennung fand am 11. Mai auf dem Marktplatz statt - dem Feuer zum Opfer fielen. Cornelia Walter las aus Werken von Bertolt Brecht und Erich Kästner sowie aus Remarques "Im Westen nichts Neues", nahm die Zuhörer mit in die Zeit des Ersten Weltkriegs. Elske Haynberg las Gedichte aus "Romanzero" von Heinrich Heine und unter anderem waren Auszüge aus "Die schlesischen Weber" mit "Deutschland, wir weben Dein Leichentuch" zu hören. Zwischen den Lesungen sorgten Gloria Gängel an der Klarinette und Simon Herwig am Akkordeon als ParTwo mit teils berührender, teils beschwingter Klezmer-Musik für einen musikalischen Rahmen. Nach derartig intensiver Aufarbeitung des Geschehens vor 85 Jahren stellt sich die Frage, wie es in der Gegenwart um die Meinungsfreiheit bestellt ist. Dazu gab es aus dem Publikum zahlreiche Wortmeldungen: Wie weit darf sie reichen, wurde gefragt - und gibt es Grenzen? Auch diese Unsicherheit veranlasst Pfarrer Jerzembeck-Kuhlmann, weiter an dem Thema dranzubleiben.

Eine Ambrotypie (Glasfotografie) von Thomas Stelzmann erinnert im Paul-Gerhardt-Haus an der Heerdter Landstraße 30 an die aktuell eingeschränkte Meinungsfreiheit in europäischen Ländern. Das fertige Objekt zeigt das von vier Seiten fotografierte Buch "Das Feuer" (Henri Barbusse). Es steht auf einer verbrannt wirkenden Holzscheibe und symbolisiert die Verbrennungsaktionen.

(RP)
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