Siedlung Hassels-Nord Schon sieben Klagen wegen Mieterhöhung

Hassels · Zwei Klagen hat Rechtsanwältin Sabine Loscha bereits bei Gericht eingereicht, sie vertritt vier Mandanten aus der Siedlung Hassels-Nord gegen den Eigentümer. Drei weitere Mieter werden von ihrer Kollegin Katja Hamkens betreut.

 Ein Beispiel von vielen: In diesem Haus an der Potsdamer Straße stehen sieben der 18 Wohnungen leer. Zu erkennen ist das an den Klingelschildern, auf denen nur der Name "Renz" steht.

Ein Beispiel von vielen: In diesem Haus an der Potsdamer Straße stehen sieben der 18 Wohnungen leer. Zu erkennen ist das an den Klingelschildern, auf denen nur der Name "Renz" steht.

Foto: Günter von Ameln

"Saniertes Wohnglück sucht neuen Mieter. Das Objekt wurde 1973 erbaut und im Jahr 2015/2016 einer grundlegenden optischen sowie energetischen Modernisierung unterzogen." Bei einer Internet-Immobilienbörse hat der Verwalter der Siedlung, die IWG Invest, mehrere Wohnungen aus der Hochhaussiedlung "Hassels-Nord" eingestellt und wirbt mit Superlativen um neue Bewohner: Von "top saniert" über "charmant" bis "hier fühle ich mich wohl". Wer allerdings die Preise sieht - 67 Quadratmeter für eine Warmmiete von 870 Euro - und sich in Düsseldorf etwas auskennt, der wird dankend ablehnen. Und so scheint sich das Viertel nach der erfolgten Sanierung der Wohnblöcke immer mehr zu leeren. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man auf die Klingelschilder an den Hochhäusern schaut.

Immer mehr alteingesessene Bewohner können sich die neuen Mieten, die kalt zwischen neun und zehn Euro pro Quadratmeter liegen, nicht mehr leisten. Als sie einzogen, war das noch öffentlich geförderter Wohnraum. Zudem verfolgt der neue Eigentümer eine restriktivere Zwangsräumungs-Linie als alle anderen Vermieter zuvor. Und nun lässt es das Unternehmen auf Klagen der Mieter ankommen, die vor Beginn der Sanierungen ihre "wirtschaftliche Härte" angezeigt hatten. Das bedeutet, dass sie künftig mehr als 40 Prozent ihres Einkommens aufbringen müssten, um die Mietkosten zahlen zu können. Rechtsanwältin Katja Hamkens vertritt drei Fälle. Sie sei derzeit dabei, die Klageschriften fertig zu machen, sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Die IWG hatte argumentiert, dass die Härtefallregelung hier nicht angewendet werden könne.

Das sieht Grünen-Ratsherr Uwe Warnecke anders. Der Rechtsberater beim Düsseldorfer Mieterverein ist davon überzeugt, dass die IWG diese Verfahren verlieren wird. Katja Hamkens will keine Einschätzung abgeben. Sie geht davon aus, dass der Eigentümer vor Gericht darlegen wird, dass man noch längst nicht alle Kosten, die durch die energetischen Sanierungen entstanden sind, auf die Mieten umgelegt hat. Dass die meisten Arbeiten dabei stümperhaft durchgeführt wurden (wir berichteten), steht auf einem ganz anderen Blatt und ist nicht Bestandteil dieser Klagen. Ihre drei Klagen werden in der ersten Instanz von drei Amtsrichtern verhandelt. Erst wenn es zur nächsthöheren Instanz gehen sollte, werden die Verfahren von einer Kammer betreut.

Vorsichtig optimistisch zeigt sich Rechtsanwältin Sabine Loscha, die auf Mietrecht spezialisiert ist. Sie hat die ersten beiden Klagen eingereicht, beide werden von derselben Richterin betreut; bei zwei weiteren muss sie die Anklageschrift noch fertigen, da ihre Mandanten sie erst vergangene Woche beauftragt hatten. Allen vier Mietern hat die IWG eine fristlose Kündigung angedroht, wenn die Mieterhöhungen nicht in Gänze bezahlt werden. In allen vier Fällen wurde vor Beginn die wirtschaftliche Härte angezeigt. Loscha geht davon aus, dass es noch in diesem Jahr zu einem Verhandlungstermin kommen wird. In diesem geht es erstmal um eine mögliche gütliche Einigung. In diesem wird es auch eine erste Tendenz zu einem möglichen Ausgang durch die Richterin geben, sagt Loscha. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn ihre beiden Klagen von unterschiedlichen Richtern bearbeitet worden wäre. "Dann bekommt man mehrere Urteile und Sichtweisen", sagt Loscha. Das fällt nur dann ins Gewicht, wenn die Richterin die Argumente der Beklagten für stichhaltiger befindet.

Die IWG hatte zum einen angemerkt, dass die Mieter - allesamt Leistungsbezieher entweder vom Jobcenter oder der Stadt (Grundsicherung) - zusätzlich Wohngeld beantragen könnten. Doch mit einem Blick in das Sozial-Gesetzbuch hat Loscha festgestellt, dass der Gesetzgeber genau das ausgeschlossen hat. Zum anderen argumentiert die IWG, dass mit der Sanierung und Modernisierung die Wohnungen nur auf einen "üblichen Standard" gehoben worden seien. In diesen Fällen zieht die Härtefallregelung nicht. Hier wird sich Loscha darauf beziehen, dass sich viel Wohnraum n Düsseldorf in einem Standard befindet, wie die Wohnungen in Hassels-Nord vor den Arbeiten waren. Hier liegt die Nachweispflicht bei der IWG. Die wirbt auf dem Vermietungsportal mit "top sanierten Wohnungen". Außerdem hatte bereits der vorherige Eigentümer investiert und etwa neue Fenster eingebaut.

Neben den sieben Fällen, in denen es nun vor Gericht gehen soll, gibt es Dutzendfach weitere von den exorbitanten Mieterhöhungen betroffenen Menschen. Mit einer oder besser mehreren gewonnenen Klagen hofft auch der Mieterverein, in dem Sabine Loscha freiberuflich mitarbeitet, auf eine bessere Verhandlungsbasis mit dem Vermieter. In einem der Fälle, die Rechtsanwältin Loscha vertritt, hat das Jobcenter avisiert, den Ausgang der Klage abzuwarten, um dann zu entscheiden, ob man finanziell noch ein bisschen was zu der Miete dazu tun wird. Pauschal hatten zuvor weder Stadt noch Jobcenter solche Zusagen machen wollen, weil man sich nicht zur Melkkuh der IWG machen wollte. Von der IWG Invest gab es gestern trotz Anfrage unserer Redaktion keine Stellungnahme.

(RP)
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