Sorgen um die Idylle im Stadtteil Hamm Düsseldorfs letztes Dorf

Hamm · Lange schien es, als gingen in Hamm die Uhren anders. Der Ort am Rhein blieb verschont von Neubau-Plänen und konnte seinen Charakter erhalten. Ist das alles nun vorbei? Ein Ortstermin.

 Rheinidylle: Hamm wird sein Gesicht verändern. Und viele Menschen haben Angst.

Rheinidylle: Hamm wird sein Gesicht verändern. Und viele Menschen haben Angst.

Foto: Andreas Bretz

Frau Louven ist mal mit dem Hund raus. Ein bisschen, weil er halt muss, aber auch ein bisschen, weil sie hofft, auf Frau Badde zu treffen, doch was heißt schon hoffen? Natürlich ist auch Frau Badde unterwegs und so treffen sich die beiden Frauen auf der Hammer Dorfstraße, fast täglich gegen 9.30 Uhr. Eigentlich ist das die schönste Zeit in Hamm, sagt Frau Louven und Frau Badde pflichtet ihr bei.

Ein Trecker kommt vorbei, er hat Paletten mit Stiefmütterchen geladen, Handwerker holen Brötchen in dem kleinen Lebensmittelgeschäft. Um 9.30 Uhr, da sitzen die Städter, die irgendwann nach Hamm gezogen sind, schon in ihren Büros, der Verkehr hält sich in Grenzen. Man grüßt sich wieder. Anders als im Berufsverkehr, es geht gemächlich zu in Hamm, diesem letzten Dorf in Düsseldorf. Wenn es nur so bliebe, sagt Frau Louven, Frau Badde nickt.

Sechs Minuten bis zum Medienhafen, zehn bis zur Kö, in einer Viertelstunde ist man von der Litfaßsäule, wo die Taxis warten, am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Irgendwie war klar, dass es auf Dauer nicht gut gehen würde. Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass es so lange so dörflich in Hamm geblieben ist.

Das ist nun vorbei. "Beiderseits Hinter der Böck" wird das Baugebiet heißen, rund 350 Wohneinheiten sollen entstehen und auch wenn in dem Siegerentwurf vom "Haustyp Bauernhaus" und "Hof" die Rede ist, Hamm wird nicht mehr Hamm sein, wenn die Neuen kommen. Gut 4000 Menschen leben zurzeit in Hamm. 350 neue Wohnungen - die verändern ein Dorf, das sind sich viel Hammer sicher.

"Vielleicht haben wir ja auch zu lange gedacht, bei uns bleibt alles, wie es ist", sagt Frau Louven. Sie ist nicht gegen das Neue, sie ist nur traurig darüber, dass das Alte wahrscheinlich bald vorbei sein wird. "Was will man machen", sagt Frau Badde. "Nichts", antwortet Frau Louven.

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Foto: dpa

Es geht nun darum, sich auf die Neubewohner einzustellen, sagt Hans Schwiers. Er ist kein Hammer, aber wegen dieser eigentümlichen Atmosphäre vor ein paar Jahren mit seiner Familie hierhingezogen. Er wollte, dass seine Kinder in einer dörflichen Umgebung aufwachsen, gleichzeitig aber die Vorteile der Großstadt genießen. Und das alles zu einem - damals noch - akzeptablen Preis, wie er sagt. Schwiers befürchtet, dass der größte Teil von Hamm nun aus einem anonymen Neubaugebiet besteht. Außerdem sorgt er sich um den zunehmenden Autoverkehr.

"Bisher haben die Planer noch keine Lösung für die vielen Autos aufgezeigt, die demnächst gleichzeitig Richtung Innenstadt fahren." Allerdings sieht er auch Chancen für den Stadtteil, so könnte sich durch den Zuzug etwa die Nahversorgung verbessern, hofft er. "Ein Supermarkt wäre schön."

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Frau Louven hat sich den Siegerentwurf bisher nicht angesehen. Sie weiß gar nicht warum, aber das Hamm ihrer Kindheit, sagt sie, sei eh verschwunden. Zwar heiße der Ort noch "Kappes-Hamm" im Volksmund, doch viele ihrer alten Bekannten seien weggezogen in den vergangenen Jahren.

Und dann sagt Frau Badde, dass ein Ort ja eben aus Menschen bestehe, nicht nur aus Häusern und Straßen. "Es müssen ja nicht die Schlechtesten sein, die da kommen", sagt sie.

(RP)
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