Grafenberg Wir in Grafenberg

Grafenberg · Graf-Recke-Stiftung will mit inklusivem Modellprojekt den Stadtteil lebendiger gestalten.

 Petra Welzel (l.) und Andreas Kernchen mit Nina Heinemann, einer Mitarbeiterin im Spielzeugladen.

Petra Welzel (l.) und Andreas Kernchen mit Nina Heinemann, einer Mitarbeiterin im Spielzeugladen.

Foto: Anne Orthen

Eines steht fest: Grafenberg hat kein richtiges Zentrum. Es ist ein Stadtteil, in dem man gut wohnen kann, durch den mancher aber eben auch schnell hindurchfährt, ohne sich überhaupt bewusst gemacht zu haben, wo er sich gerade befunden hat. Das will die Graf-Recke-Stiftung ändern. Genau genommen der Geschäftsbereich Sozialpsychiatrie und Heilpädagogik, der an der Grafenberger Allee 341 seinen Sitz hat. Dort gibt es mehrere Wohnheime der Stiftung für Patienten ebenso wie einen großen Park mit Gewächshaus, Werkstätten, das für alle öffentliche Café "Ess Pe Zet" oder den Spielzeugladen, den viele wegen seines Namens (Schau-Spiel-Haus) mit einer anderen Einrichtung in Düsseldorf verwechseln.

Das alles wissen allenfalls jene, die bei Sommerfest, Weihnachtsmarkt oder Vernissage mal vorbeigeschaut haben. Gerade die Grafenberger werden Areal und Bewohner in Zukunft aber besser kennenlernen. Denn die Stiftung nimmt bis Ende 2017 an einem Modellprojekt der Diakonie teil, das mehr Leben in den Stadtteil bringen soll. Kirchengemeinden, DRK, der Einzelhandel und die Bezirksvertretung machen mit, aber eben auch die psychisch zum Teil schwer erkrankten Bewohner. Es ist also ein inklusives Projekt, um Berührungsängste abzubauen. "Es ist schlicht eine Bereicherung für alle Beteiligten", fasst es die projektverantwortliche Petra Welzel zusammen.

"Wir haben ein offenes Ohr für den Stadtteil, verstehen uns als Ideenwerkstatt, wollen aufzeigen, was hier fehlt, sind aber vor allem auch ein Gremium, in dem jeder mitwirken kann, der sich für Grafenberg engagieren möchte", sagt sie. Vieles sei bereits auf den Weg gebracht worden, ergänzt Mitarbeiter Andreas Kernchen: ein Theaterprojekt mit dem DRK-Zentrum, Bibelkreis und Lauftreff, eine Kooperation mit dem PSV Borussia. Eine mit dem Kabarett Flin sei ebenso angedacht wie Sprachcafé und Fahrradwerkstatt. Ein gemeinsames Stadtteilfest im Herbst nächsten Jahres sei als Ziel angepeilt, um konkrete Ergebnisse zu präsentieren. Der sogenannte Projektbeirat als zentrale Plattform und Stimmungsbarometer für Grafenberg tage aktuell viermal jährlich, erklärt Welzel.

Die Graf-Recke-Stiftung ist mit ihrem speziellen Geschäftsbereich innerhalb des sozialpsychiatrischen Verbundes und den Erkrankten, die hier nur Klienten heißen, demnach längst in Grafenberg angekommen - nur haben das noch nicht alle mitbekommen. Der Spielzeugladen direkt an der Grafenberger Allee ist vielen am ehesten ein Begriff. Hier werden ganz normal im Handel eingekaufte hochwertige Produkte zu günstigen Preisen angeboten ebenso wie in der Schreinerei selbst hergestelltes Spielzeug oder Dekoartikel. Die Klienten arbeiten für mehrere Stunden am Tag mit im Laden, und der Kunde merkt in der Regel gar nicht, mit wem er es im Verkaufsgespräch zu tun hat.

Eine absolute Wohlfühloase stellt der etwas versteckt gelegene Park dar, der ebenso wie das Café theoretisch für jedermann zugänglich ist. "Unserer Klienten wollen den Kontakt nach außen auch größtenteils. Dennoch ist das hier natürlich für sie in erster Linie ein Ruheraum, den man respektieren muss", erläutert Welzel.

Prinzipiell sei die Stiftung bemüht, den psychisch Erkrankten neben ambulanten Angeboten wie Ergotherapie oder Beratung das Gefühl eines strukturierten Tagesablaufes zu geben. "Und dazu zählt neben der Arbeit im Spielzeugladen oder in der Schreinerei, den Tagesauflügen oder dem Austausch in Selbsthilfegruppen eben auch das konstruktive Mitwirken im Rahmen des Modellprojekts", unterstreicht Petra Welzel.

(RP)
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