Gerresheim Kulturbahnhof in Schwierigkeiten

Gerresheim · Betreiber Carsten Reinhold Schulz fühlt sich von Verwaltung und Politik im Stich gelassen. Ein einmaliger Förderantrag für das neue Gerresheimer Kulturzentrum wurde abgelehnt. Das Café wird inzwischen nur für Veranstaltungen geöffnet.

 Der Gerresheimer Kulturbahnhof hat mit der Akzeptanz im Stadtteil zu kämpfen.

Der Gerresheimer Kulturbahnhof hat mit der Akzeptanz im Stadtteil zu kämpfen.

Foto: Bernd Schaller

Mit großem Optimismus und Elan startete Carsten Reinhold Schulz im Sommer mit dem Betrieb im Kulturbahnhof Gerresheim. Nun ist es nicht so, dass er knapp ein halbes Jahr später in tiefer Depression verfallen ist, "aber ich war natürlich schon etwas naiv", räumt Schulz, der als Kurator für den Trägerverein Jason Rø der Chef, aber eben auch das Mädchen für alles im Haus an der Heyestraße 194 ist, ein. In der Hand hält er die erneute Absage des Kulturausschusses, die Stadt solle sich mit einem einmaligen Zuschuss in Höhe von 63.000 Euro an Personal- und Mietkosten für das Gerresheimer Kulturzentrum beteiligen. "Das ist mit Sicherheit keine Unsumme, andere Stadtteile werden bei so etwas auch bedacht, zumal ich ein detailliertes Konzept vorlegen konnte. Aber es ist nun mal so, wie es ist."

Anstrengend halt, ist Schulz doch mit dem Anspruch angetreten, Hochkultur nach Gerresheim zu bringen, mit dem Schwerpunkt Teilhabe, Integration, Experiment und Outsider-Kunst. Es wurde ihm auch von allen Seiten Unterstützung zugesichert, nicht zuletzt von der Politik im Stadtbezirk, "aber da ist bisher nicht viel gekommen". Ohne Sponsoren wird es wohl in Zukunft nicht gehen, alleine stemmen kann Schulz das Projekt "Neunzig im Haus" - unter dieser Überschrift laufen alle Veranstaltungen im Kulturbahnhof - nicht. Und warten auf 2019, bis im benachbarten Glasmacherviertel die ersten Neubürger einziehen, kann er auch nicht.

Die erste Konsequenz hat Schulz bereits im Herbst gezogen, das Café am Gerresheimer S-Bahnhof öffnet jetzt nur noch bei Veranstaltungen, "das war ein Minus-Geschäft", sagt er. Relativ lukrativ ist die Vermietung des Kulturbahnhofes als Party-Location, das sollte aber ursprünglich nicht im Vordergrund stehen, "ohne geht's jedoch nicht", erzählt der Kurator, der sich nur wundert, dass der Eindruck entstanden ist, im Kulturbahnhof sitze das Geld.

Es hat in den vergangenen sechs Monaten durchaus Veranstaltungen gegeben, die gut besucht waren, allen voran die Ausstellung mit dem Graffiti-Künstlern Mayo Brothers, zu der rund 300 Fans kamen. Aber auch das experimentelle Projekt zu dem diffizilen Themenkomplex Tod und Wert mit Filmen, Exponaten und Installationen ist auf große Beachtung gestoßen. Bei anderen Terminen wiederum war Schulz enttäuscht bis entsetzt, etwa beim Konzert des renommierten Axel Fischbacher Quintetts. "Denen habe ich nachher noch aus eigener Tasche Geld zugesteckt, weil mir das peinlich war", erzählt Schulz.

Er will aber nicht jammern, weiß, dass es manchmal ein, zwei Jahre dauert, bis sich so ein ehrgeiziges Projekt eingespielt hat. "Ich muss mich wohl auch an die eigene Nase fassen, das Profil klarer herausstellen", sagt Schulz. Und er will auf jeden Fall an dem Aspekt Teilhabe festhalten, will vor allem geistig behinderten Künstlern ein Podium bieten. Der Runde Tisch zur Outsider-Art als Netzwerk-Treffen hat sich bereits etabliert. Und Mitte Februar folgt eine Ausstellung zum Bild der Frau in der Outsider-Kunst mit Arbeiten aus der Sammlung Demirel. Weitere Veranstaltungen in diesem Sinne sind geplant.

"Es mag vermessen klingen, ausgerechnet mit dieser Schiene ein Publikum zu finden, aber die Outsider-Art zählt nun mal zu unseren Kernkompetenzen", erklärt Schulz, "anderswo funktioniert das." Aber gilt das auch für Gerresheim?

(RP)
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