Gerresheim Klassenzimmer wird zu kleinem Labor

Gerresheim · Dritt- und Viertklässler der Ferdinand-Heye-Grundschule in Gerresheim führen in der Forscher-AG selbst lebensnahe Experimente durch. So entwickeln sie früh eine Affinität für Naturwissenschaften.

 Sadaf (8, l.) und Paulina (9) führen zusammen mit Martina Hermann das "Rotkohl-Experiment" durch.

Sadaf (8, l.) und Paulina (9) führen zusammen mit Martina Hermann das "Rotkohl-Experiment" durch.

Foto: Marc Ingel

Paulina und Sadaf sind mit Eifer bei der Sache. In Reagenzgläser, die mit selbst gemachtem Rotkohlsaft gefüllt sind, tröpfeln sie mit der Pipette nach und nach verschiedene "Zutaten" - Essig, Zitronen- und Apfelsaft oder Waschmittel. Erstaunt stellen sie fest, dass sich der Rotkohlsaft unterschiedlich verfärbt. Am Ende ihrer Lösungsreihe haben sie die gesamte Palette an Regenbogenfarben erzeugt und können so ihre Versuchsergebnisse zur Dokumentation stolz in den bereitliegenden Bogen einfüllen.

Die beiden Schülerinnen zählen zur Forscher-AG an der Ferdinand-Heye-Grundschule. Martina Hermann, Toxikologin bei Henkel, führt mit einer Gruppe von Dritt- und Viertklässlern einmal pro Monat ehrenamtlich Experimente durch, mit denen die Kinder wirklich etwas anfangen können und die ihnen so die mögliche Scheu vor Naturwissenschaften im Allgemeinen und Chemie im Besonderen nehmen. "Wir haben selbst Brausepulver hergestellt, Geheimtinte erzeugt oder die Frage geklärt, warum Klebstoff klebt. Das fanden die kleinen Forscher natürlich klasse, da musste man sie gar nicht großartig motivieren", erzählt sie.

Mit Unterstützung der Fritz-Henkel-Stiftung wurde die Grundschule in Gerresheim mit richtigen Labormaterialien ausgestattet. So fällt es kaum auf, dass die Umstände mit nur einem Waschbecken und wenigen Steckdosen nicht unbedingt als professionell zu bezeichnen sind. "In der Henkel-Forscherwelt können Klassen im Schülerlabor die Welt der Naturwissenschaften hautnah erleben. Ich dachte mir, es sollte aber auch möglich sein, direkt in die Schulen zu gehen und die Freude am Forschen und Entdecken vor Ort zu wecken", erzählt Hermann, die dafür viele Stunden privat für die Vorbereitung von Experimenten opfert. "Und nachher muss dann ja auch alles wieder saubergemacht werden", fügt sie hinzu. Die größte Belohnung für sie: "Wenn Grundschüler später zu mir kommen und sagen, dass sie sich schon auf Chemie in der weiterführenden Schule freuen."

Jedoch erfahren die jungen Forscher in Gerresheim dabei, dass nicht alle Experimente immer glücken. "Sie müssen lernen, dass es auch durchaus Fehlschläge geben kann, das gehört zur Forschung dazu", erzählt die Toxikologin. Wichtig ist ihr, dass sämtliche Versuchsanordnungen quasi dem Leben abgeschaut sind. "So gut wie alle Materialien, mit denen wir arbeiten, kann man theoretisch auch preiswert im Supermarkt oder in der Drogerie kaufen. Es macht keinen Sinn, den Kindern etwas im Detail über ph-Werte oder Formeln zu erklären, sie brauchen einen direkten Bezug, um wirklich Spaß daran zu haben. Denn Chemie kommt überall in unserem Lebensumfeld tagtäglich vor", betont Hermann.

Das trifft in dieser Form wohl zum Glück nur bedingt auf das Cola-Mentos-Experiment zu, das Martina Hermann zum Abschluss der gestrigen Forscher-AG vorführte. Warum genau das kohlensäurehaltige Getränk in der Flasche eruptionsartig wie ein Geysir aus der Flasche spritzt, wenn es mit Mentos-Pfefferminzbonbons in Berührung kommt, war den Kindern dann auch herzlich egal. Es kann aber auf jeden Fall als ein weiterer Beweis dafür angesehen werden, dass Naturwissenschaften nicht nur spannend, sondern auch ziemlich spektakulär sein können. Paulina und Sadaf fühlen sich nach zwei Stunden Experimentieren jedenfalls wie zwei kleine Wissenschaftler, denen gerade der Nobelpreis verliehen wurde.

(arc)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort