Gerresheim Familie wünscht sich eine Wohnung

Gerresheim · Der 19 Jahre alte Safiullah Rassouli ist vor zwei Jahren mit seinen Eltern Hamida und Sheer aus Afghanistan geflohen. Seit dem Sommer dürften sie eine eigene Wohnung beziehen - doch viele Vermieter wollen keine Flüchtlinge.

 Safiullah Rassouli (M.) und seine Eltern Hamida (l.) und Sheer suchen verzweifelt eine Wohnung.

Safiullah Rassouli (M.) und seine Eltern Hamida (l.) und Sheer suchen verzweifelt eine Wohnung.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Lautes Geschrei ist im Flur zu hören, aus irgendeinem Zimmer muss es kommen. Eine Frau, so viel steht fest, in einer fremden Sprache. Eine Tür öffnet sich, vorsichtig schaut Sheer Rassouli (71) heraus, neben dem Eingang hängt ein kleines Schild mit der Nummer 007, wie auf einer Büroetage. Darunter steht sein Name, darunter noch einer. Hamida Rassouli (65) - seine Frau. Viele Jahre schon sind die beiden ein Ehepaar. Und sie leben in dem kleinen Raum, der sich hinter der Tür mit dem Büroschild verbirgt.

"Früher ist das mal ein Altenheim gewesen", sagt Ernst Fengler, ehemaliger Pfarrer in der Gerresheimer Gemeinde. Mit der Flüchtlingskrise ist es zu einer Unterkunft für Geflohene geworden. Viel Platz ist nicht im Zimmer - zwei Einzelbetten, dazwischen ein Tisch, dessen Platte wackelt, sobald sie nur leicht berührt wird und auf dem das Paar Nüsse und Obst und Tee und Süßigkeiten ihren Gästen anbietet. Wild zusammengewürfelte Stühle stehen drumherum, ein Schrank, ein kleines Waschbecken in der Ecke, ein Kühlschrank, ein Wasserkocher. So leben Sheer und Hamida Rassouli seit 2015, ihrem Sohn sind sie damals aus Afghanistan gefolgt. Safiullah ist 19, er hat ein Zimmer im oberen Stockwerk der Unterkunft. Gerne wäre die Familie mal wieder unter sich - eine eigene kleine Küche, ein eigenes kleines Bad, ein bisschen Ruhe, Privatsphäre.

Seit dem Sommer hat die Familie den vorläufigen Aufenthaltsschein - den subsidiären Schutz -, der es den Dreien erlaubt, eine eigene Wohnung zu beziehen. "Aber wir finden keine", sagt Safiullah Rassouli. Entweder sind die Wohnungen zu teuer, "oder die Vermieter legen auf, wenn sie hören, dass wir Flüchtlinge sind", berichtet der 19-Jährige. Am liebsten würde er in Gerresheim mit seinen Eltern bleiben, dort, wo er herzlich aufgenommen wurde, wo er Freunde gefunden hat und einen Helfer, wie es Ernst Fengler einer ist. Viele Wohnungsvermittlungen hat Fengler schon kontaktiert, "wenige hundert freie Wohnungen gibt es für mehr als 5000 Anfragen", sagt der Pfarrer im Ruhestand, der sich noch immer für die Menschen in seiner Gemeinde einsetzt.

Familie Rassouli ist damals vor der großen Flüchtlingswelle gekommen, zu unsicher ist es in der Heimat gewesen. Safiullah Rassoulis ältere Brüder arbeiteten als Übersetzer für die ISAF, den Internationalen Sicherheitsunterstützungstrupp unter NATO-Führung während des Krieges in Afghanistan. "Den Taliban hat das nicht gefallen", sagt der 19-Jährige. Die Brüder mussten 2013 fliehen, dann folgten die beiden Schwestern. Australien, Dänemark, Schweden, Türkei - in der ganzen Welt verstreut sind die Rassloulis. Vor vier Jahren haben sich alle zuletzt gesehen. Irgendwann ist es dann auch für die Eltern und den damals 17-jährigen Schüler zu gefährlich geworden, "20.000 Dollar haben meine Eltern bezahlt, damit ich falsche Papiere bekomme", sagt Safiullah Rassouli, damit er ausreisen konnte. Nie mehr will er nach Afghanistan zurück. Zu schlecht sind die Erinnerungen, "jeden Tag Krieg, jeden Tag Gefahr". Seine Eltern sind wehmütiger - sie kennen ihre Heimat noch anders.

"Hier ist Frieden", sagt Safiullah Rassouli, der gutes Deutsch spricht und einen großen Wunsch hat: eine Ausbildung machen zum Maler und Lackierer. Dazu fehlt ihm noch eine Sprachprüfung, für die der 19-Jährige viel pauken muss. Und das würde er gerne zu Hause machen - ohne Lärm, in seinem eigenen Zimmer.

(RP)
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