Gerresheim Eine Rückkehr ins Viertel nach 70 Jahren

Gerresheim · Thealies Mauer hatte kurz vor Kriegsende der Liebe wegen Gerresheim verlassen. An ihrem 95. Geburtstag kehrte sie nun noch einmal zurück.

 Die 95-jährige Thealies Mauer wurde von Peter Stegt (l.) und Thomas Boller durch Gerresheim geführt.

Die 95-jährige Thealies Mauer wurde von Peter Stegt (l.) und Thomas Boller durch Gerresheim geführt.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Wie muss es wohl sein, wenn man nach mehr als 70 Jahren an den Ort seiner Jugend zurückkehrt? Für Thealies Mauer war es ein ganz besonders emotionaler Moment.

An ihrem 95. Geburtstag kam sie am Samstag nach Gerresheim zurück, das sie während des Krieges im Jahr 1944 verlassen hat. Begleitet wurde die rüstige Dame von vielen Familienmitgliedern, die mit dem Stadtteil allesamt keinerlei Verbindung haben und nun zum ersten Mal einen Rundgang durch den Ort machten, in dem ihre Mutter aufgewachsen ist.

Geführt wurde die Gruppe von Thomas Boller und Peter Stegt, die im Förderkreis Industriepfad Düsseldorf-Gerresheim aktiv sind und zwei Bildbände mit historischen Aufnahmen Gerresheims veröffentlichten. So war auch der Kontakt zwischen den beiden und Thealies Mauer zustande gekommen. "Ich habe ein Foto gesehen, auf dem mein Großvater abgebildet war. Da bin ich mit den beiden in Kontakt getreten", sagte die Seniorin.

Ihr Großvater, das war Karl Weber, der zu ihrer Jugendzeit Postverwalter in Gerresheim war. Oft hat sie ihn im alten Postgebäude besucht, von dem es heute keine Spuren mehr gibt. Längst ist an seiner Stelle ein neues Haus errichtet worden. Denn die alte Post, die schräg gegenüber der Feuerwache stand, war bei einem der letzten Bombenangriffe auf Düsseldorf im März 1944 durch einen Volltreffer komplett zerstört worden.

In der Erinnerung der 95-jährigen Besucherin aber ist alles noch so wie früher. Dort, wo heute ein hoher Zaun das Grundstück umschließt, begann damals der weitläufige Garten, in dessen Mitte das Postgebäude stand, erinnert sie sich. "Direkt nebenan, auf der anderen Straßenseite, da war eine kommunistische Gastwirtschaft, da war immer gut was los", erzählte sie.

Auch der Dreherpark, an dem die Gruppe ihre Tour startete, hat sich deutlich verändert. "Hier war früher noch ein Weiher", erinnerte sie sich. Neben den persönlichen Erinnerungen ihrer (Groß)Mutter erhielt die Familie von Thealies Mauer auch gleich viele Infos zur Stadtgeschichte Gerresheims. Etwa, dass der Park seinen Namen nach der Industriellenfamilie erhalten hat, deren Villa auf dem Gelände des heutigen Altenheims zwischen Marie-Curie-Gymnasium und St. Margareta stand.

Die Basilika war es natürlich auch, die besonderen Eindruck auf die Familie machte und das 95-Jährige Familienoberhaupt erneut in Erinnerungen schwelgen ließ. Denn dort hat sie 1944 ihren Mann geheiratet - und ihn danach erst einmal längere Zeit nicht gesehen. "Er war Chirurg und musste in den Krieg", sagte sie. Wegen ihm hat sie Gerresheim aber wenige Monate später auch verlassen. Heimisch wurden beide nach dem Krieg in einem kleinen Ort in Mitteldeutschland, in dem auch ihre fünf Kinder geboren wurden.

Was für Thealies Mauer eine schöne Zeitreise zurück in ihre Jugend bedeutete, gab den beiden Stadthistorikern bei der Tour durchs Viertel auch eine gute Gelegenheit, mehr über das alte Gerresheim zu erfahren, über das es zum Teil kaum noch Unterlagen gibt. Man darf gespannt sein, welche Puzzleteile der Gerresheimer Geschichte durch dieses Zusammentreffen ergänzt werden können.

(RP)
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