Gerresheim Der letzte Graf von Quad

Gerresheim · 1963/64 war Heinrich Bücker das Narrenoberhaupt in Gerresheim. Die Bürgerwehr lässt den Brauch nun neu aufleben.

 Heinrich Bücker hat nicht nur den Orden von damals, sondern auch sein eigenes Wappen aufgehoben.

Heinrich Bücker hat nicht nur den Orden von damals, sondern auch sein eigenes Wappen aufgehoben.

Foto: M. Ingel

Die Bürgerwehr lässt in der anstehenden Karnevalssession einen alten Brauch wieder aufleben. Erstmals seit mehr als 50 Jahren hat Gerresheim mit Rolf Müller wieder einen Grafen Quad, Eva Hlouschek wird ihn als Gräfin tatkräftig unterstützen. Müller, langjähriger Vorsitzender der Bürgerwehr und Ehrenvorsitzender, hatte sich für die Wiederbelebung dieser Tradition eingesetzt.

Die Figur des Grafen Quad entstammt den frühen 1950er Jahren. 1953 wurden Erich und Isa Gollenbusch als das erste Grafenpaar inthronisiert. Es repräsentierte die Vereine des Gerresheimer Karnevalskomitees im Düsseldorfer Karneval. In den folgenden Jahren wurde jährlich ein neues Grafenpaar gekürt - bis 1964 die Linie abrupt unterbrochen wurde. Der seltsam anmutende Name ist auf die Familie Quad von Raede zurückzuführen, die 1458 durch Eheschließung an den dann Quadenhof genannten Mittelalter-Backsteinbau kam, der bis heute am Gerricusplatz erhalten geblieben ist.

Letzter noch lebender Graf von Quad aus der alten Ära ist Heinrich Maria Bücker. Mit dem heute 86-Jährigen endete in der Session 1963/64 die Tradition vorläufig. "Ich habe es sehr bedauert, dass dieser Brauch eingeschlafen ist und begrüße es jetzt umso mehr, dass es endlich wieder ein neues Grafenpaar gibt", erklärt Bücker. Fehlende Harmonie im Karnevalskomitee und ein bisschen Größenwahn seien zu der Zeit wohl die Gründe dafür gewesen, dass er und seine damalige, inzwischen verstorbene Frau Christel das letzte Grafenpaar in Gerresheim waren. Der ehemalige Angestellte bei der Stadtsparkasse und heutige Hobbykoch hat mit Ursula ein neues Glück gefunden, mit Karneval hat er jedoch nicht mehr so viel am Hut.

"Das war damals natürlich anders. Ich erinnere mich noch sehr gerne an die vielen Empfänge. Obwohl Gerresheim ja nicht so groß ist, gab es hier damals noch sechs oder sieben Vereine und dementsprechend viele Einladungen. Geblieben ist die Bürgerwehr." Aufbewahrt hat Heinrich Bücker trotzdem vieles, was an die Session 1963/64 erinnert: Fotos, auch von den Mädchen seiner Grafengarde, Zeitungsartikel, den Orden, den er als Graf verleihen durfte, und auch das eigene Wappen, das ihm gewidmet wurde. Die Gerresheimer stellten nicht nur beim Veedelszoch im Stadtteil einen eigenen prächtigen Wagen für das Grafenpaar ("Da habe ich 3000 Berliner unters Volk gebracht."), auch beim Rosenmontagszug in Düsseldorf waren die Gerresheimer präsent.

Quadgraf Heinz I., wie der 31-Jährige bei seiner Vorstellung (natürlich im Quadenhof) kurz betitelt wurde, und seine Gräfin Christel I. galten im Jahr des elfjährigen Bestehens des Gerresheimer Karnevalskomitees nicht nur als "jung und fesch", sondern auch dem damaligen Karnevalsmotto sehr zugänglich. Das lautete "Jedem sin Steckepääd", und das war in den 1960er Jahren bei Bücker vor allem das Sammeln von wertvollen Münzen. "Später war es bei uns dann vorwiegend das Reisen", erzählt der Ur-Gerresheimer, der mit seiner Frau Ursula an der Josef-Neuberger-Straße wohnt. Gerne würden Bücker, der letzte noch lebende Graf von Quad, und seine Frau noch mal eine der beliebten Veranstaltungen der Gerresheimer Bürgerwehr besuchen. "Aber die sind ja immer so schnell ausverkauft", bedauert er.

(arc)
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