Garath Mit Songtexten macht Deutsch lernen Spaß

Garath · Von Mazda hat der Verein SOS Kinderdorf weitere Unterstützung bekommen: Der Autobauer zahlt unter anderem eine Teilzeitkraft.

 Ulrike Sennhenn erläutert Mazda-Botschafter Joey Kelly, wie sie mit den acht aus Afghanistan geflüchteten Jugendlichen Deutsch lernt.

Ulrike Sennhenn erläutert Mazda-Botschafter Joey Kelly, wie sie mit den acht aus Afghanistan geflüchteten Jugendlichen Deutsch lernt.

Foto: Günter von Ameln

Mit Edding-Stiften malen die drei Jugendlichen die Flagge ihres Heimatlandes Afghanistan auf den weißen Kombi - erst ein schwarzer, dann ein roter und zuletzt ein grüner Streifen. Denn ihre Familien sind immer noch dort. Während sie erstmal im fernen Deutschland in Sicherheit vor dem Terror sind - losgeschickt von ihren Eltern in der Hoffnung, dass wenigstens ihre Kinder eine lebenswerte Zukunft haben.

Das Bemalen des Autos mit einem Edding würde bei den meisten Autobesitzern wohl für Schnappatmung sorgen, hier ist es gewünscht. Inzwischen zieren den mit einer weißen Folie beklebten Wagen, den Mazda dem SOS-Kinderdorf in Garath für ein Jahr finanziert, Grüße, Wünsche, Unterschriften und auch eine Karikatur eines 30-jährigen Syrers. Der ist vor einem halben Jahr nach Deutschland geflüchtet und setzt seine Erlebnisse in bissige Cartoons um. Das nach wenigen Stunden schon auffällig bemalte Fahrzeug soll den Verein bei der Flüchtlingsbetreuung mobiler machen.

SOS Kinderdorf hat in einer Jugendeinrichtung im Düsseldorfer Süden seit den Herbstferien acht unbegleitet nach Deutschland geflüchtete Afghanen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren untergebracht. Die städtische Einrichtung für alleinreisende minderjährige Flüchtlinge platzt aus allen Nähten. Dicht an dicht stünden die Betten; es sei dramatisch, wie die Jugendlichen dort untergebracht seien, erzählt der Düsseldorfer SOS-Chef Herbert Stauber. Spontan erklärte sich die in Garath bereits sehr aktive Organisation bereit, acht von ihnen als Übergang in besagter Freizeiteinrichtung unterzubringen - bis für sie vernünftiger Wohnraum gefunden wird, in dem sie als WG zusammen leben können. Doch bis dahin ist die erst vor drei Jahren umgebaute kleine Sporthalle in dem Jugendtreff als Wohnstatt umfunktioniert. Jeder der acht Jungs hat einen durch Rigips-Wände und Vorhang abgetrennten kleinen Wohn- und Schlafbereich. Damals zur Hallen-Eröffnung besuchte Extremsportler Joey Kelly im Auftrag von Mazda das erste Mal die Einrichtung, gestern machte er sich ein Bild von der inzwischen erfolgten Umnutzung. Die hat allerdings zur Folge, dass die Jugendlichen des Stadtteils, die die Einrichtung ganz normal besuchen, Einschränkungen beim Angebot hinnehmen müssen. Die Sporttermine in der Halle sind erst einmal gestrichen. Der Musikraum ist zum Betreuerzimmer umfunktioniert worden. Denn rund um die Uhr ist ein Erwachsener vor Ort, um jederzeit Ansprechpartner für die acht Flüchtlinge zu sein und ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Nach anfänglichem Gemurre von dem ein oder anderen Freizeitreff-Besucher würden die Einschränkungen im Angebot inzwischen gut akzeptiert, heißt es gestern vor Ort. Und nicht nur das - wie sonst kann gegenseitiges Verständnis und damit auch Integration besser funktionieren, als durch Begegnungen und der Möglichkeit, voneinander zu lernen.

Derzeit lernen die acht jungen Afghanen aber erst einmal fleißig Deutsch. Auch das mit Unterstützung des in Leverkusen ansässigen japanischen Autobauers, der inzwischen seit acht Jahren das in Garath ansässige SOS Kinderdorf unterstützt - übrigens nicht immer nur mit PS. Ebenfalls für ein Jahr finanziert Mazda eine Teilzeitstelle bei SOS. Die hat Ulrike Sennhenn eingenommen, die schon seit Längerem in der ehrenamtlichen Düsseldorfer Flüchtlingshilfe aktiv ist. Sie lernt mit den Jugendlichen vor allem Deutsch: "Sie sind alle sehr fleißig", lobt die 47-Jährige ihre Schützlinge. In die Schule geht derzeit noch keiner von ihnen. Auch die an den Schulen für nicht deutsch sprechende Flüchtlinskinder angebotenen so genannten Integrationsklassen platzen wegen des enormen Zustroms an Geflüchteten aus allen Nähten.

Schon immer habe sie sich mit dem Thema, wie man Sprache lernen könne, auseinandergesetzt, erzählt Sennhenn, die betont, dass ihr das Spaß mache. Dazu gehört dann auch, dass sie ein paar Worte etwa in Farsi - eine der Sprachen, die man in Afghanistans spricht - sprechen kann. "Wenn ich in ihrer Sprache bitte sage, dann lachen sich die Jungs auch schon mal kaputt." Aktuell geht sie mit den acht Jugendlichen das Lied von Andreas Bourani "Auf uns" durch. Schritt für Schritt bekämen die Wörter eine Bedeutung. Etwa, an der Stelle, wo es in dem Lied, das zur WM-Hymne 2014 wurde, heißt: "Wer friert uns diesen Moment ein?" Da nimmt sie dann das Wort Snapshot, Schnappschuss zu Hilfe. Denn was friert besser einen Moment ein, als ein vom Handy aufgenommenes Foto - das kennt jeder Jugendliche, auch wenn er aus Afghanistan kommt. Denn Smartphones gibt es auch dort.

Ihr ist es wichtig, dass die Jugendlichen sich schnell verständigen können, erzählt sie. Dafür lernt sie mit ihnen gezielt einige Redewendungen. Wie die Bitte, dass das Gegenüber doch langsamer oder deutlicher sprechen möge.

(RP)
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