90 Jahre ESV Blau-Weiß Fußballplatz hinter dem Bahndamm

Flingern · Es ist das am besten versteckte Sportgelände in Düsseldorf, dabei ist dort ein sehr lebendiger Verein zu Hause: Der ESV Blau-Weiß feiert am Flinger Broich 90-jähriges Bestehen. Die 1930 errichtete Tribüne trotzt der Vergänglichkeit.

 Die Fußballer des ESV Blau-Weiß waren in den 50er Jahren noch das Aushängeschild des Vereins. Inzwischen spielen die ESV-Kicker in der Kreisliga C.

Die Fußballer des ESV Blau-Weiß waren in den 50er Jahren noch das Aushängeschild des Vereins. Inzwischen spielen die ESV-Kicker in der Kreisliga C.

Foto: ESV Blau-Weiß

Ganz am Ende des Flinger Broichs, wenn man meint, da kann doch eigentlich nichts mehr kommen, taucht hinter der abschreckend wirkenden Bahnunterführung tatsächlich ein Fußballplatz auf. Mit roter Asche, so wie früher, als Rasenspielfelder ein Privileg der reichen Clubs waren. Generationen ehemaliger Defensivspieler können ein heroisches Lied von den fiesen Schürfwunden nach unvermeidlichen Blutgrätschen erzählen. Gerne schwelgen alternde Ex-Kicker noch heute in der guten alten Zeit, als Fußball ehrlich und Geld nebensächlich war.

 Die 1930 gebaute und 1954 erweiterte Tribüne am Flinger Broich ist ein Relikt vergangener Fußball-Zeiten.

Die 1930 gebaute und 1954 erweiterte Tribüne am Flinger Broich ist ein Relikt vergangener Fußball-Zeiten.

Foto: M. Ingel

Hier ist der Eisenbahner Sportverein Blau-Weiß zu Hause, gegründet 1926 von ein paar Sportkeglern im Wartesaal des Hauptbahnhofs. 1930 folgte der Bau der Anlage am Flinger Broich. Fußballer, Tennisspieler, Leichtathleten und Schützen kamen später hinzu, doch der Krieg brachte wie überall den Sportbetrieb zum Erliegen. Neuanfang 1947, die "Alten Herren" der Fußballabteilung wurden mit ihrem Engagement zum Rückgrat des Vereins. Vier kickende Brüder - Toni, Hans, Josef und Stani Koslowski - machten den Verein überregional bekannt. 1954, als Fritz Walter, Helmut Rahn und Toni Turek in Bern WM-Geschichte schrieben, spuckten die Blau-Weißen in die Hände, erweiterten ihr Vereinsheim und bauten unter anderem jene 1930 errichtete Tribüne, die noch heute an ihrem Platz steht, mit Umkleiden und Duschen in den Katakomben aus.

Diese Tribüne, man muss sie gesehen haben: ein paar verstreute Sitzbänke aus dem alten Rheinstadion auf bröckelnden, mit Moos versetzten Steinstufen, das Dach wird scheinbar notdürftig von einigen morschen Holzstützen gehalten, im Hintergrund der Lärm vorbeifahrender Züge. Ein Relikt der Fußball-Historie mit faszinierend morbidem Charme.

 Sie sorgten für Furore: die Brüder (v.l.) Toni, Hans, Josef und Stani Koslowski.

Sie sorgten für Furore: die Brüder (v.l.) Toni, Hans, Josef und Stani Koslowski.

Foto: Ingel Marc

Ab Mitte der 50er Jahre wurden Kegel-, Sportschützen- und Tennisabteilung wieder aufgebaut, Flutlichtanlage für die Fußballer und Schießstand für die Schützen folgten in den 70ern. Und wer jetzt meint, die Blau-Weißen seien inzwischen ein wenig faul geworden, der irrt. Der Ascheplatz wurde in Eigenregie erneuert, denn die Sportanlage des ESV zählt zu den wenigen in Düsseldorf, die sich nicht auf einem städtischen Grundstück befinden. Auch von Sabotageaktionen, als das Spielfeld über Nacht mehrfach mit Nägeln, Scherben und Schrauben überschüttet wurde, ließen sich die 300 Mitglieder (in den 70er Jahren waren es mal 1000) um die Vorsitzende Sabine Willems nicht entmutigen und packten selbst an.

Die Fußballer spielen inzwischen nicht mehr die erste Geige im Verein, auch wenn die Blau-Weißen gerade im Kellerduell der Kreisliga C mit 7:2 ihren ersten Saisonsieg gegen den FC Tannenhof III feiern durften. 1976 spielte der ESV zum 50-jährigen Vereinsbestehen für zwei Jahre in der Bezirksliga, Manfred Kersten erzielte in 26 Spielen mal 41 Tore, danach ging es sportlich aber steil bergab. Tennisspieler und Sportschützen sind längst die tragenden Säulen der Eisenbahner. Das Vereinsheim ist dem eingezäunten Gelände der Yellowstone-Indianer gewichen. Man ist sich nicht grün. Aber auch das wird der ESV überstehen.

(RP)
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