Flingern Die Raumgestalter

Flingern · Auch wenn man es nicht direkt merkt: Das "69m²" in Flingern ist ein Geschäft, hier wird (fast) alles verkauft. Dabei hat der Kunde eher das Gefühl, er befindet sich in einer gemütlich eingerichteten Privatwohnung.

 Alexa Müller hat eine Vorliebe für Buchstaben in jeglicher Form und Größe.

Alexa Müller hat eine Vorliebe für Buchstaben in jeglicher Form und Größe.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Die Kaffeemaschine, die Kasse und das ein oder andere im Alltag benötigte Detail - das gehört im Concept Store "69m²" an der Lindenstraße zum Inventar. Alles andere ist käuflich. Dazu zählen Vintage-Möbel, Kinderkleidung und vor allem Buchstaben in jeglicher Größe und Form. Denn Alexa Müller und Babette Andrees sammeln zum Beispiel die Leuchtreklamen von Läden, die schließen mussten, mit denen die Menschen im Viertel großgeworden sind, möbeln die Letter wieder auf und bieten sie zum Kauf an.

Vom Café Kreutzer am Eisstadion zum Beispiel. Oder vom Pflanzencenter Birkhof an der Karl-Geusen-Straße. "Drei Tage haben wir gebraucht, um bei minus fünf Grad alles abzumontieren", fröstelt es Alexa Müller heute noch, wenn sie daran zurückdenkt. "Wir retten damit ein Stück Düsseldorfer Geschichte", sagt sie nicht ohne Stolz.

Im "69m²" ist in etwa alles so, als ob man nach Hause kommt. Die Zimmer sind gemütlich eingerichtet, dass hier Ware zum Verkauf angeboten wird, merkt der Gast - oder eben Kunde - nicht sofort. Erwerben kann man zum Beispiel auch den riesigen Apothekerschrank in der Küche. Aufgehübscht hat Müller den Kasten, doch die Karteikärtchen für die einzelnen Schubladen prangen unverändert an den Griffen: Grippe oder Rheuma ist zu lesen, aber auch Schwanger, Läuse oder Schweinegrippe. "Das stammt alles aus der Birken-Apotheke, ich habe das komplette Inventar nach der Geschäftsaufgabe aufgekauft", erzählt die Ladeninhaberin. Und wenn solche Stücke tatsächlich weggehen, kreieren Müller und Andrees einfach neue Wohnkonzepte.

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Nebenan wird Kindermode verkauft. Keine Billigprodukte, alles unter ökologischen Gesichtspunkten in kleinen Manufakturen, zum Beispiel in Island oder Dänemark, angefertigt. Überall und mittendrin: die Taschen des von Alexa Müller kreierten Labels Krönchen, die aus Vintage-Materialien, etwa aus einer alten Turnmatte, hergestellt sind. "Damit habe ich angefangen, es ist inzwischen aber nur noch ein kleiner Teil des Geschäfts. Im Mittelpunkt stehen die Wohnraumgestaltung, die Accessoires, die Kindermode und die Vintage-Möbel. Kein Trödel, kein Mainstream, die Sachen müssen unser Herz berühren. Die Möbel werden gereinigt, auch aufgepolstert, wenn nötig, in der Regel in Kooperationen mit Handwerksbetrieben aus der Gegend. Sie sollen aber ihren ursprünglichen Charme behalten", sagt die ehemalige Industriekauffrau, die 1996 ihren Job schmiss, um sich selbstständig zu machen. "Vor dreieinhalb Jahren habe ich mich dann mit Babette zusammengetan. Wir ergänzen uns, das passt."

Der Name des Geschäfts müsste inzwischen eigentlich in Quadratmetern aufgestockt werden, denn aus dem alten Stofflager von Müller wird gerade ein weiterer Raum konzipiert. Wie in einem Setzkasten sollen dort unterschiedlichste Möbelstücke präsentiert werden.

Im "69m²" kauft der Kunde nicht mal eben so ein, er verliebt sich in ein bestimmtes Teil, nimmt eine Bindung auf - und schickt den beiden Inhaberinnen anschließend im Optimalfall seine ganz persönliche Foto-Homestory, die dann auf der Internetseite veröffentlicht wird. "Wir leben hier eine Mischung aus Dilettantismus und Improvisation vor - aber natürlich auf hohem Niveau", betont Alexa Müller mit ironischem Augenaufschlag.

(RP)
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