Eller Freundeskreis fürchtet Bahnhofsverkauf

Eller · Die Stadt will den Kulturbahnhof Eller womöglich an einen Investor veräußern. Die Macher hinter dem Programm werfen der Verwaltung vor, den Bau loswerden zu wollen und die Sanierungskosten daher viel zu hoch anzusetzen.

 Takeshi Suzuki hat im alten Wartesaal sein Atelier. Jetzt hat der Künstler Angst, dass er vor die Tür gesetzt wird.

Takeshi Suzuki hat im alten Wartesaal sein Atelier. Jetzt hat der Künstler Angst, dass er vor die Tür gesetzt wird.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Die Mitglieder des Freundeskreises Kulturbahnhof Eller fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Die Nachricht, dass die Stadt das 1872 errichtete Gebäude womöglich verkaufen will, dass dort dann eine vorwiegend privatwirtschaftliche Nutzung vorgesehen sei, wirkt bei den Kulturschaffenden wie ein Schock. Eine erste Einladung des Kulturamtes zu einem Gespräch haben sie verstreichen lassen. "Weil wir über die eigentliche Intention im Unklaren gelassen wurden und den Hintergrund aus der Zeitung erfahren mussten. Weil es zunächst hieß, es ginge nur um Reparaturen und erst nach intensivem Nachbohren klar wurde, der Verkauf sei einziges Thema. Weil wir vor vollendete Tatschen gestellt werden sollten", sagt der Vorsitzendes des Freundeskreises, Gerolf Schülke. Am 8. Februar gibt es jetzt einen neuen Termin.

Mehr als 35 Jahre habe der Verein dafür gekämpft, das 1979 stillgelegte, später als denkmalwürdig erachtete Bahnhofsgebäude als kulturelles Zentrum in Eller zu etablieren; seit 15 Jahren im Alleingang, als die Verwaltung sich aus der konzeptionellen Arbeit zurückgezogen habe. "Seit 1982 haben wir hier 160 Ausstellungen mit knapp 700 Künstlern durchgeführt", betont Schülke.

Der Freundeskreis hat mit der Stadt einen Nutzungsvertrag über den Komplex abgeschlossen, der jedoch immer zum Jahresende kündbar ist. Es gibt stets einen jährlichen Zuschuss. Die Mitglieder dürfen darüber hinaus den alten Wartesaal oder ehemalige Diensträume als Ateliers nutzen. "Die Stadt ist hier selbstverständlich Hausherr, dennoch kann man doch so nicht mit uns umspringen", erklärt der pensionierte Kunsterzieher.

Was ihn und seine Frau Ilsabe Schülke, die ebenfalls eines der sieben Vorstandsmitglieder ist, besonders ärgert: "Es heißt stets, der Kulturbahnhof sei marode. Das stimmt aber so nicht, er ist allenfalls in Teilen sanierungsbedürftig", so Schülke. Über die Höhe des zu investierenden Geldbetrags gibt es ziemlich unterschiedliche Ansichten. Während die Stadt sagt, eine Sanierung würde mindestens zwei Millionen Euro verschlingen, geht der Freundeskreis davon aus, dass eine halbe Million in jedem Fall reichen würde. "Das rote Kerngebäude wurde bereits umfassend saniert. Fassade, Fenster, Dach - alles neu. Nur der Dachboden müsste noch gemacht werden", erklärt Schülke. Der Vorbau, eine Art angebauter Wintergarten, müsse jedoch mit Balken abgestützt werden, "hier gibt es sicherlich Reparaturbedarf". Auch in dem knapp 50 Quadratmeter großen Nebengebäude, wo der Freundeskreis sich vorstellen könnte, ein Büro zu beziehen, bröckelt der Putz. Aktuell gibt es ein provisorisches Büro in einem weiteren Anbau, wo auch die Toiletten untergebracht sind. "Dieser Anbau", räumt der Vereinsvorsitzende ein, "ist wirklich nicht mehr zu retten, hier hilft nur noch der Abriss." Er könnte sich als Ersatz dafür aber auch eine Containerlösung vorstellen, "das wären dann kaum mehr als 15.000 Euro".

Was die Schülkes nicht verstehen: Es habe 2015/16 eine Schadensaufnahme seitens der Verwaltung gegeben, "bis heute liegt kein Ergebnis vor. Stattdessen wurden bereits im Vorfeld die Sanierungskosten auf zwei Millionen Euro festgelegt", sagt Gerolf Schülke. Ein Architekt, den der Freundeskreis selbst beauftragt habe, sei in seiner Schätzung lediglich auf ein Viertel dieser Kosten gekommen. Der Verdacht liege nahe, "dass die Stadt den Bau und damit uns einfach nur loswerden will", spekuliert Schülke.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort