Derendorf Neue Masche von Trickbetrügern

Derendorf · Enkeltrick war gestern: Kommissar referiert im Zentrum plus Derendorf.

Der Enkeltrick war viele Jahre die beliebteste Masche von Betrügern, ältere Menschen übers Ohr zu hauen. Aber das war gestern, sagt jemand, der es wissen muss: Lutz Türk beschäftigt sich seit 20 Jahren bei der Polizei mit Delikten, die Senioren als Opfer haben. Der aktuellste Trick: Falsche Polizeibeamte am Telefon. Was sich dahinter verbirgt, erklärte der Hauptkommissar gestern im Zentrum plus in Derendorf vor einer Reihe potenziell Betroffener.

Kurz zusammengefasst passiert bei der Masche Folgendes: Gauner geben sich am Telefon als Polizisten aus, warnen vor einem bevorstehenden Einbruch und bieten sich an, Geld und andere Wertgegenstände in der Polizeidienststelle sicher zu lagern, bis die Gefahr vorüber ist. Ein Beamter komme vorbei und hole alles ab. "Der Enkeltrick ist dagegen Dritte Liga", sagt Türk und kann das anhand von Zahlen belegen: Gab es im ersten Quartal 2016 in NRW nur 83 solcher Fälle, waren es im vergleichbaren Zeitraum vergangenen Jahres 1161. "Eine Steigerung um das Vierzehnfache", hat der Kommissar errechnet. Die Schadenssummen sind bisweilen exorbitant. Trauriger Spitzenreiter: ein Fall in Bayern, bei dem die Betrüger 1,2 Millionen Euro, 700.000 in bar, plus 19 Kilogramm Gold, erbeuteten.

Welche perfiden Methoden die Kriminellen dabei anwenden, schilderte Türk im Einzelnen. Zunächst einmal: Oft manipulieren die Betrüger ihre Telefonnummer. Dann erscheint auf dem Display die vertrauenserweckende 110. "Was natürlich Schwachsinn ist", erklärt Türk, "die Polizei würde nie unter der Notrufnummer anrufen, hat vielmehr stets die Nummer unterdrückt". Operiert wird in der Regel aus türkischen Call Centern, so konnte die Polizei herausfinden, vor Ort werden dann Logistiker und Abholer rekrutiert, "Letztere sind oft Taxifahrer, Prostituierte oder auch Urlauber", weiß Türk zu berichten.

Die Betrüger versuchen, ihr Opfer über Stunden am Telefon zu halten, rufen mehrere Tage in Folge an, um so herauszukriegen, wie viel Wertvolles sich in der Wohnung befindet. Sogar vor der Aufforderung, alles Geld von der Bank abzuholen ("Die Bankmitarbeiter stecken mit den Ganoven unter einer Decke") wird nicht zurückgeschreckt. Wenn der Angerufene sich dann nicht darauf einlässt, ruft wenig später der "Staatsanwalt" an: "Ihnen droht eine Strafanzeige, wenn sie nicht mit der Polizei kooperieren!" Türk prophezeit: "Dieser Trick wird uns noch Jahrzehnte begleiten. Er läuft ja wie geschnitten Brot." Und wie kann man sich schützen? "Grundsätzlich gilt: Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der es nötig ist, jemand an der Haustür Bargeld auszuhändigen."

(arc)
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