Derendorf Jüdische Gräber sind für die Ewigkeit

Derendorf · Auf dem jüdischen Teil des Nordfriedhofes gibt es noch Grabstellen aus den 20er Jahren. Freiwillige kümmern sich um deren Pflege.

 Sechs Stunden lang befreiten Freiwillige gestern die Gräber auf dem jüdischen Friedhof von Moos und Unkraut - eine mühselige Arbeit.

Sechs Stunden lang befreiten Freiwillige gestern die Gräber auf dem jüdischen Friedhof von Moos und Unkraut - eine mühselige Arbeit.

Foto: Andreas Bretz

Paul Spiegel ist auf dem jüdischen Teil des Nordfriedhofs begraben, die Lyrikerin Rose Ausländer auch und noch einige weitere Prominente. Auf dem ältesten Teil des Areals an der Ulmenstraße wurden jedoch ab 1922 Menschen jüdischen Glaubens bestattet, bei denen sich heute keine Angehörigen mehr um die Grabpflege kümmern können - nicht zuletzt, weil sie vielfach während der NS-Diktatur ermordet wurden. Weit hinten auf dem Friedhof sehen die Grabsteine auffällig häufig einheitlich schlicht aus, die Schrift wirkt altdeutsch, das Jahr 1941 sticht hervor. "Viele der Menschen, die hier begraben liegen, haben Selbstmord begangen, nachdem sie den Deportationsbefehl erhalten haben", erklärt Andrea Sonnen, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Düsseldorf.

15 Freiwillige, zumeist Mitglieder der Gesellschaft, machen sich mit Harke, Rechen und Schaufel an die Arbeit, die Gräber und Grabsteine von Moos und Unkraut zu befreien, aufzuräumen, vielleicht die Grabflächen noch mit frischem Mulch zu befüllen. "Viel mehr können wir nicht tun", sagt Sonnen, obwohl das doch schon eine Menge ist. Aber wenn die Einfassung der Grabstelle bröckelt, wenn der Grabstein wackelt, dann muss der Steinmetz ran, "und das ist teuer", sagt die Geschäftsführerin.

Rund 250 Menschen wurden hier begraben - für die Ewigkeit, denn jüdische Gräber werden niemals aufgegeben und eingeebnet, benötigen daher nie endende Pflege, zumal es ausschließlich Erd- und keine Feuerbestattungen gab. "Da wird es in Jerusalem bestimmt bald eng", sagt Elisabeth Pascha, die sich spontan entschlossen hat, bei der Grabpflege zu helfen. In der Tat sei das ein Problem, bestätigt Andrea Sonnen, auf dem jüdischen Friedhof am Ölberg sei daher zum Beispiel schon Erde aufgeschüttet worden, um eine zweite Schicht an Gräbern zu ermöglichen.

Elisabeth Pascha hat von der "Einladung zum Aufräumen" in der Zeitung gelesen, jetzt ist sie ziemlich stolz über jedes Grabfeld, das sie wieder - so gut es eben geht - hergerichtet hat. "Aber das ist schon harte Arbeit und kein reines Vergnügen", sagt sie. Ein- bis zweimal im Jahr kommen die Mitglieder der Gesellschaft, um den Gräbern ihre Würde zurückzugeben. Auch Kinder wurden hier bestattet, entsprechend klein sind die Grabfelder, für einen großen Stein ist kein Platz, oft fehlt er ganz.

Auf vielen der Grabsteine gibt es sowohl eine hebräische wie eine deutsche Inschrift. "Die Menschen haben sich als Deutsche verstanden, ohne dass sie ihre hebräische Herkunft verleugnen wollten", erklärt Sonnen. Die klassischen jüdischen Symbole wie Davidstern oder Menora, der siebenarmige Leuchter, schmücken die Grabsteine, aber auch eine abgebrochene Säule, die ein zu jung beendetes Leben symbolisieren soll, findet sich. Auf den Grabmälern liegen Kieselsteine, die den Besuch eines Angehörigen oder Freundes belegen. Inmitten der Gräber, die fast 100 Jahre alt sind, tauchen auch immer wieder Grabmäler neueren Datums aus den 80er oder gar 90er Jahren auf, die darauf hinweisen, dass hier mehrere Familienmitglieder begraben liegen.

Die jüdische Gemeinde ist mit rund 7000 Mitgliedern die drittgrößte in Deutschland, "aber sie ist überaltert, es gibt viele Beerdigungen, jede Woche im Schnitt zwei", sagt Andrea Sonnen. Bald wird auch der Platz auf dem jüdischen Friedhof an der Ulmenstraße nicht mehr ausreichen, ein neues Gelände im Süden der Stadt sei im Gespräch, weiß die Geschäftsführerin.

Heute setzen die Freiwilligen ihre Arbeit von 10 bis 16 Uhr fort. Hilfe ist willkommen.

(RP)
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