Bilk Wo Kinder die Stadtplaner sind

Bilk · Ob Schreinerei oder Stadtparlament: Im "Düsseldörfchen" im Südpark können sich die kleinen Bürger vielfältig betätigen.

 Zum Auftakt mussten die Bürger des "Düsseldörfchens" bei den wichtigsten Institutionen Hand anlegen.

Zum Auftakt mussten die Bürger des "Düsseldörfchens" bei den wichtigsten Institutionen Hand anlegen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Die Auftragslage ist gut, die Preise sind stabil - die Schreinerei kann also nicht klagen. Der achtjährige Younes arbeitet gerade an einem Türklopfer, ein elegantes Modell in Form eines Spechts. Keine Auftragsarbeit, sondern eine kreative Eigenproduktion für den Markt am Mittwoch. Schon flattert die nächste Bestellung herein: Der Juwelier braucht einen neuen Stuhl, das Ganze ist dringend. "Am liebsten arbeite ich an Schaukelstühlen, das macht am meisten Spaß", berichtet der junge Schreiner.

Statt zum Telefon zu greifen, macht er sich schnell selbst auf den Weg. Denn das Juwelier-Geschäft liegt nur zwei Minuten von der Innenstadt entfernt, in der Kunstsiedlung. Einmal umsteigen, dann hat er das Dörfchen erreicht: Younes fragt professionell die Details der Bestellung ab, verhandelt den Preis und verspricht, den Auftrag schnell zu erledigen.

 Younes (l.) und Lennard betätigen sich in der kleinen Schreinerei des Feriendorfes handwerklich.

Younes (l.) und Lennard betätigen sich in der kleinen Schreinerei des Feriendorfes handwerklich.

Foto: Andreas Bretz

Zurück geht er zu Fuß, es ist ja nicht weit einmal quer durchs "Düsseldörfchen" im Südpark, das nach zwei Wochen tatkräftiger Arbeit schon fast aussieht wie eine richtige Stadt - und auch so funktioniert. Denn in dem kleinen Feriendorf gibt es fast alles, was man im täglichen Leben braucht.

Die Schreinerei, die sich Younes als "Arbeitsplatz" ausgesucht hat, ist nur einer von über 50 Arbeitgebern im "Düsseldörfchen". Auch in der dritten Woche, die heute startet, wird hier fleißig gebaut und gewerkelt. Direkt nebenan kümmert sich das Unternehmen "Hoch & Tief" um den Bau des Eigenheims in der Innenstadt. Das passende Auto kann im Autowerk bestellt werden, und Designer und Schneider versorgen die modebewussten Bürger. Wer von der ganzen Arbeit genug hat, kann in der Bäckerei eine Kaffeepause einlegen, sich beim Restaurant einen Picknickkorb bestellen oder beim Zirkus vor den Toren der Stadt eine Vorstellung genießen - vorausgesetzt, die hart verdienten "Düsseltaler" sind nicht schon alle beim Shoppen auf dem Markt draufgegangen.

Nicht fehlen darf in einer Stadt wie dieser natürlich die hohe Politik - vor allem in diesem Jahr, in dem die "Republik der Kinder" das Motto des "Düsseldörfchens" ist. Als Höhepunkt der ersten Woche und vieler Tage harter Arbeit am Grundgesetz gründeten die 350 Dorfbewohner zwischen acht und 14 Jahren am Freitag endlich ihren eigenen Staat.

Nach erfolgreicher erster Amtszeit als Kanzlerteam traute sich bei der zweiten Wahl vergangene Woche dann jedoch keine andere Partei, gegen die "4 Lemuren" anzutreten - im "Düsseldörfchen" drohte eine Regierungskrise. Doch diese konnte noch abgewendet werden - das Team wurde mit mehr als 70 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Keine Überraschung war das für Sonja Hirschberg, Kunstpädagogin beim Verein Akki, der das Projekt im Südpark schon seit 1989 organisiert: "Die Regierung hat gute Arbeit geleistet und ist bei den Bürgern beliebt, deshalb sah es für die Wahl recht gut aus." Der politische Aspekt ist den Organisatoren wichtig: Auch wenn der Spaß im Vordergrund steht, lernen die Kinder nebenbei spielerisch, wie Demokratie, Gesetze und Wahlen funktionieren.

Noch bis zum 17. Juli wächst und gedeiht das "Düsseldörfchen". Wer mit seinem Arbeitsplatz dort nicht zufrieden ist, der darf übrigens auch ganz spontan "umschulen". Für Younes kommt das allerdings nicht in Frage: Er hat in der Schreinerei seinen Traumberuf schon gefunden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort