Bilk Wieder von vorn

Bilk · Weil das Haus an der Brunnenstraße abgerissen wird, verliert Markus Pawlowski nicht nur sein Atelier, sondern auch seine Wohnung. Im Frühjahr 2016 ist er erst eingezogen.

Wie viel Zeit ihm noch bleibt in seiner Wohnung, das weiß Markus Pawlowski nicht. Sein Atelier an der Brunnenstraße wird er zum Ende dieses Jahres räumen. "Ich will das hier nicht noch weiter unterstützen", sagt der Künstler, der durch Zufall erfahren hat, dass das Haus, in dessen Hinterhof er lebt und arbeitet, abgerissen werden soll. Im Frühjahr 2016 erst ist er nach Bilk gezogen, zuerst hat er den Showroom in der ersten Etage renoviert, völlig runtergekommen ist der gewesen. Einen neuen Boden hat er gelegt, die Wände gestaltet, nicht mal einen Telefonanschluss hat es gegeben.

Ein paar Wochen später hat er die Etage darüber bezogen, eine Werkstatt daraus gemacht, in der er malt, Skulpturen baut, Möbel entwirft, fotografiert. In der er auch lebt, schläft, isst. Eine richtige Küche hat er nicht, kochen kann er nicht wirklich. Ein Ceranfeld wollte er trotzdem irgendwann einbauen lassen. Jetzt ist er froh, dass er bei seinen alten Kochplatten und der Mikrowelle geblieben ist.

Studentenwohnungen sollen entstehen im Haus mit der Nummer 27, die Bezirksvertretung 3 hat für das Projekt vor kurzem grünes Licht gegeben. Die Grünen setzten sich für den Erhalt ein, weil sie vor allem die Fassade mit dem Pferdekopf für erhaltenswert hielten. Dabei hatte Markus Pawlowski den Vermieter vor der Vertragsunterzeichnung noch gefragt, ob kurzfristig etwas geplant sei für das Grundstück. Weil ihm schon mal so etwas passiert ist, bevor er nach Düsseldorf kam, eine Villa in Mülheim an der Ruhr hatte er über Monate renoviert, eingerichtet, mit 13 Meter hohen Decken, perfekt für seine großformatigen Bilder. Kurz danach meldeten die Eigentümer Eigenbedarf an. Und jetzt wieder, "nichts hat er angedeutet", sagt Pawlowski.

30.000 Euro hat er investiert in den Showroom und seine Werkstatt, eine Abfindung wird er nicht bekommen vom Vermieter. Im Nachhinein, sagt Markus Pawlowski, hätte er die Signale sehen müssen. "Der Innenhof war ständig voller Müll", sagt er. Einmal hat der 48-Jährige - ungefähr 48, wie er sagt - den Hof aufgeräumt, "ich wollte doch Kunden hier empfangen". Trotzdem versucht Markus Pawlowski, positiv zu bleiben, sonst würde er wütend werden, "und ich will nicht wütend werden". Sobald er aber auf seine versilberten Fußleisten schaut, "könnte ich heulen", sagt Pawlowski. So etwas macht man nicht, wenn man nicht für eine längere Zeit irgendwo bleiben will. "Für mich ist er ein Betrüger", sagt der Künstler, der nicht über seine Angst nachdenken will, weil das alles, was er sich im Hinterhof an der Brunnenstraße aufgebaut hat und jetzt verlieren wird, sein Leben ist. Dann atmet er tief durch und sagt: "Als selbstständiger Künstler hat man immer ein bisschen Angst."

Gerne würde er in Düsseldorf bleiben, sucht jetzt nach einem neuen Zuhause, einem neuen Atelier. Am liebsten etwas runtergekommenes, "nichts luxussaniertes", sagt Pawlowski, er will die Räume selber gestalten, die Böden, die Wände, die Decken. Groß sollte es sein, eine Altbauwohnung vielleicht, wo er von vorne anfangen kann. Wieder. Zeit bleibt ihm nicht viel. So lange er keinen Showroom hat, kann er nichts verkaufen. Weil seine Kunden den persönlichen Kontakt schätzen, nicht über das Internet bestellen wollen. Im Augenblick verkauft er alles, was er einlagern müsste - Tische, die keine Tische sind, sondern Tafeln, Tischtennisplatten, große Spiegel, antike Sessel. "Ein Lager will ich nicht anmieten", sagt er.

Nicht leicht werden die Tage und Wochen für Markus Pawlowski, dem viel genommen wird und der nicht weiß, was die Zukunft bringt. "Eines kann der Vermieter mir aber nicht nehmen, und das ist mein Talent."

(RP)
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