Bilk Eine Halle für alle

Bilk · An der Uedesheimer Straße in Bilk haben alternative Gruppen, Vereine und Initiativen ein erstaunliches Projekt realisiert. Eine alte Markthalle wird als Versammlungs- und Veranstaltungsort genutzt. Der Name: "Leben findet Stadt".

 Olivia Tawiah und Bettina Berens (r.) wollen einen "Raum für nachhaltige Begegnung" schaffen.

Olivia Tawiah und Bettina Berens (r.) wollen einen "Raum für nachhaltige Begegnung" schaffen.

Foto: Bernd Schaller

Ganz früher war hier an der Uedesheimer Straße 2 mal ein kleiner Supermarkt. Dann folgte die öko-regionale Markthalle, eine nette Idee, aber es fehlte an Laufkundschaft. Auch die alternative Kunst- und Kulturhalle hatte ihren Reiz, ein halbes Dutzend Ausstellungen später war aber wieder Schluss. Seit Ende vergangenen Jahres nun der nächste Versuch. Und die Initiatorinnen Bettina Berens und Olivia Tawiah wollen vor allem ein Ziel erreichen: Die rund 300 Quadratmeter große Halle in Bilk am Rand von Flehe soll mit Leben gefüllt werden. Der Projektname ist bewusst zweideutig ausgerichtet: "Leben findet Stadt." Und jeder kann daran mitwirken.

Jeder, das heißt in der Regel einschränkend schon, dass die Nutzer eine bestimmte Lebenseinstellung verinnerlicht haben und eine gemeinsame Linie verfolgen. Welche das ist, lässt sich an den Gruppen erkennen, die bereits sichtbar vertreten sind: Die Lebensmittelretter gehörten zu den Pionieren in der Halle, Occupy hat sich ein Eckchen eingerichtet, der Solarverein bringt sich ein, der Verein Niemandsland ("für ein ökologisch-soziales Leben") ist ebenfalls vertreten. "Die gesamte Bandbreite des alternativen Lebens soll sich hier widerspiegeln", sagt Berens. Wobei alternativ in vielerlei Hinsicht zu verstehen ist, denn auch ein PC-Doctor bietet seine Dienste an, die Awista hat einen Stützpunkt mit ihrer Kompostberatung, und Einzelpersonen haben die Absicht bekundet, ihren Webstuhl mitzubringen oder eine Backgruppe zu gründen.

"Ich war der Überzeugung, dass all diese Gruppen und Initiativen einen gemeinsamen Ort brauchen, den auch jeder finden kann", erklärt Berens, die wie Tawiah zu Beginn kaum mehr als ein vernünftiges Konzept und entsprechende Kontakte aufweisen konnte. Vermieter Hans-Rainer Jonas fand das aber überzeugend genug und überließ die Halle den Visionären für monatlich 400 Euro Miete inklusive Nebenkosten. Das wiederum machte es notwendig, dass die unterschiedlichen Gruppierungen nicht nur ihre Termine für Nutzung und Veranstaltungen abstimmen, sondern auch finanziell ihren Obolus beitragen, damit die Miete gezahlt werden kann. Der bleibt aber überschaubar, versichert Berens.

Sie hofft, dass alle voneinander profitieren und stets etwas mitnehmen, wovon sie vorher womöglich noch nie gehört haben. Um die 50 Personen dürften es inzwischen schon sein, die sich einbringen in das Projekt "Leben findet Stadt", weitere Mitstreiter können jederzeit reinschnuppern und schauen, ob sie partizipieren wollen. Dafür bietet sich der Montagabend an, wenn gemeinsam gekocht und gegessen wird.

Noch sieht es in der alten Markthalle ziemlich spartanisch aus, manchmal gleicht sie auch einer etwas chaotischen Rumpelkammer, aber an der Gemütlichkeit soll bald gefeilt werden. Aktuell sind die Öffnungszeiten noch eingeschränkt, mittwochs oder am Wochenende ist zumeist dicht, an anderen Tagen ist ab 16 Uhr aber eigentlich immer einer vor Ort.

Mit Regeln haben es Berens und Tawiah nicht so. Die einzige: Wer die Halle nutzt, muss nachher auch aufräumen. Ansonsten gilt: "Seinen Status streift man hier an der Tür ab, ist nur noch Mensch. Es soll eine Halle für alle sein", sagt Berens.

(RP)
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