Bilk Brettchen, die die Welt bedeuten

Bilk · Das Projekt "Sturmbrettchen" ist nach drei Jahren beendet. Nun ist eine Dokumentation dazu entstanden. Sie erzählt von Leidenschaft, Liebe, Trauer und neuen Aufbrüchen nach dem Sturm Ela.

 Tobias Jochinke, Philipp Bilke und Philip Behrend (v.l.) in ihren Räumen an der Oberbilker Allee. Nicht im Bild ist der vierte Mann, Daniel Goll

Tobias Jochinke, Philipp Bilke und Philip Behrend (v.l.) in ihren Räumen an der Oberbilker Allee. Nicht im Bild ist der vierte Mann, Daniel Goll

Foto: Torsten Thissen

Man hat ja nicht in der Hand, an was oder wen man sein Herz hängt, bei den Sturmbrettchen jedenfalls war es für 17.000 Düsseldorfer Liebe auf den ersten Blick. Die Liebe zu den Brettchen war sogar zu groß, als dass sie komplett befriedigt werden konnte, 7000 Bestellungen der Frühstücks- oder Schneidebrettchen aus dem Holz von Bäumen, die dem Orkan Ela zum Opfer gefallen waren, konnten aus Mangel an Material nicht erfüllt werden. Nun haben die Macher der Sturmbrettchen - Philipp Bilke, Tobias Jochinke, Philip Behrend und Daniel Goll - eine umfassende Dokumentation erstellt, die das Projekt beleuchtet, erklärt, aber auch die Geschichten der Menschen erzählt, für die diese Brettchen etwas Besonderes sind.

Da ist zum Beispiel die Geschichte von Elena Buchmüller, die am Pfingstsamstag 2014 ihre Hochzeit im Hofgarten feierte und Pfingstmontag in den Urlaub flog. Dann kam der Sturm und zerstörte die Linden, unter denen sie eben noch gefeiert hatte. Ihr Brettchen ist von einer dieser 140 Jahre alten Linden. Es gehört wohl zu dem, was die Menschen am meisten an den Brettern reizte: die klare Verortbarkeit der Bäume. Man bekam nicht einfach ein Brettchen von irgendeinem Baum, sondern von diesem oder jenem Baum, mit dem man etwas verband. 2016 bekam Elena Buchmüller eine Tochter. Als der entbindende Arzt sie fragte, wie das Mädchen denn heißen solle, sagte sie: Ela.

Oder die Geschichte von Gregor Öller, der als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr nach Ela im Einsatz auf Düsseldorfs Straßen war. Für ihn ist das Brettchen die Erinnerung an eine Zeit wunderbarer Kameradschaft unter schwierigen Umständen. Sein Brettchen stammt von einem 137 Jahre alten Ahorn, der nahe der Maximilian-Weyhe-Allee umgestürzt war. Erst nachdem seine Kameraden und er eine Schneise durch die Äste freigeschnitten hatten, konnte der Bereich damals wieder passiert werden.

Oder die Geschichte von Mascha Kossner und Thomas Speier, die über ihr Sturmbrettchen aus einer 179 Jahre alten Eiche wieder zueinanderfanden, nachdem sie als Teenager zusammen waren, sich aber aus den Augen verloren hatten. Inzwischen sind die beiden verheiratet.

Aber auch die Geschichte von Gartenamtsleiterin Doris Törkel ist in dem Buch beschrieben. Törkel erzählt darin, wie Ela nicht nur die Grünlandschaft der Stadt verändert hat, sondern auch die Menschen, die jeden Tag in ihr und mit ihr arbeiten. Sie spricht davon, wie schockiert sie und ihre Mitarbeiter angesichts der Zerstörungen waren, aber auch welche Chancen sich für das Grün Düsseldorfs durch Ela ergeben haben. Historische Sichtachsen konnten wieder hergestellt, aus der Not der Nachkriegszeit erfolgte, schnelle Pflanzungen korrigiert werden. Bei allen schmerzlichen Verlusten: Es gab auch einen Gewinn durch und nach Ela. Auch Törkel hat sich ein Sturmbrettchen gesichert. Es stammt von einem Magnolienbaum, den sie vor dem Sturm jeden Tag von ihrem Büro aus sehen konnte und steht in ihrem Bücherregal, weil sie es nicht übers Herz brächte, darauf zu schneiden, wie sie sagt. So überwiegen in der Dokumentation des Projekts auch die Ausblicke, die Chancen, die sich nach Ela ergeben haben. Jede der 35 Neupflanzungen, die durch den Verkauf der Brettchen möglich wurde, ist dokumentiert. Die Bäume stehen nicht genau dort, wo die alten Bäume standen, aus denen die Brettchen hergestellt wurden, weil Düsseldorfs Grünanlagen eben teilweise neu konzeptioniert wurden, aber sie sind nahe der alten Standorte gepflanzt.

Kurz angerissen ist die Geschichte der Macher Bilke, Jochinke, Goll und Behrend. Aus der Sturmbrettchen-Idee ist ein Unternehmen geworden, eine Ideenfabrik namens "Das Gute Ding", zu der sich im Laufe der vergangenen drei Jahre verschiedene Menschen und Projekte der Düsseldorfer Kreativszene gesellten. Deren Sitz ist an der Oberbilker Allee, in den Räumen eines ehemaligen Baumarktes.

(RP)
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