Benrath Sie nahm 1967 die erste S-Bahn

Benrath · Die Benratherin Lydia Krusche fuhr mit ihrem Mann heute vor 50 Jahren mit der ersten S-Bahn in Düsseldorf. Die aufregende Reise ging von Düsseldorf-Zoo bis nach Essen.

 Lydia Krusche hat die beiden Fahrkarten für die kleine Reise, die sie und ihr Mann vor 50 Jahren mit der ersten S-Bahn von Düsseldorf nach Essen und zurück unternahmen, sicher aufbewahrt.

Lydia Krusche hat die beiden Fahrkarten für die kleine Reise, die sie und ihr Mann vor 50 Jahren mit der ersten S-Bahn von Düsseldorf nach Essen und zurück unternahmen, sicher aufbewahrt.

Foto: Ralph Matzerath

Groß war die Freude bei Lydia Krusche, als sie am 30. September 1967 - vor exakt fünf Jahrzehnten - in die Zeitung schaute. Die Bahn suchte damals Passagiere für eine Probefahrt mit ihrer ersten S-Bahn in Düsseldorf. Krusche und ihr Mann Karl überlegten nicht lange. Die Fahrt war kostenfrei, das Ehepaar freute sich: "Wir waren jung, verheiratet und nicht gerade reich", sagt Krusche. Spontan entschieden sie, sich am Abend zur Bahnstation Düsseldorf-Zoo zu begeben. Sie brachten beide Kinder ins Bett und gingen los. "Am Bahnsteig stand dann auch schon ein Mann, der die Karten verteilte", erinnert sich die 83-Jährige.

Die Fahrt führte die beiden bis nach Essen. Danach ging es einfach wieder zurück. "Damals war Bahnfahren noch ein richtiges Vergnügung", erklärt Krusche und lacht. "Erzählt man sowas heute jemandem, denkt der: Die spinnt doch", sagt sie. "Aber für die Düsseldorfer war es damals etwas besonderes, man war natürlich schon ganz schön stolz. Eine S-Bahn in der Stadt zu haben, bedeutete etwas." Heute gehe es mehr darum, möglichst großen Luxus in den Autos zu haben.

Der erweiterte Bahnverkehr durch die S-Bahn brachte der Familie und den Düsseldorfern viele Vorteile. "Wir lernten die Orte in der Umgebung kennen", erinnert sich Krusche: "Vorher fuhren wir nur mit dem Fahrrad, hatten kein Auto. So kommt man kaum rum." Wegen ihrer Freude am Fahrradfahren kam Lydia Krusche auch zu ihrem Spitznamen in der Nachbarschaft: "Die Frau mit dem Fahrrad", nannten sie alle. Über die Anschaffung eines Pkw dachte die Familie nie nach. "Mein Mann und meine Kinder hatten später einen Führerschein, trotzdem kaufte niemand ein Auto, wir hatten ja jetzt eine Bahn", erklärt Krusche. Sie selbst besitzt keinen Führerschein. Ihre Kinder sind inzwischen auf Autos umgestiegen - zum Glück: "Jetzt im Alter ist es schon gemütlicher, wenn sie mich damit direkt vor der Tür abholen", gesteht Lydia Krusche schmunzelnd ein.

Ihre letzte Bahnfahrt ist inzwischen knapp zehn Jahre her. Trotzdem fielen ihr viele Veränderungen im Laufe der Jahre auf. "Früher gab es in Bahnen noch richtige Holzbänke und kein Klo. Das hat sich glücklicherweise gebessert", erklärt Krusche und lacht. Allgemein sei die Ausstattung wesentlich komfortabler geworden. Aber nicht nur das Innere der S-Bahn an sich habe sich verändert: "Damals brauchte man sogar eine Karte für den Bahnsteig, sogenannte Bahnsteigkarten. Hatte man die nicht, durfte man nicht einmal zu den Gleisen", sagt sie. "Das klingt heute wie aus einer anderen Welt." In einem kleinen Bahnhofshäuschen kontrollierten die Angestellten die Kunden vor den Bahnsteigen. Die kleinen gelben Fahrkarten, auf denen auch das Datum der Fahrt, der 30. September 1967, steht, hat die Rentnerin übrigens immer noch - lange waren sie in einer Schublade vergraben.

"Ich habe in letzter Zeit viel ausgemistet, und dann bin ich wieder auf die beiden Karten gestoßen", erklärt sie. Seitdem denke sie viel an die Zeit vor 50 Jahren. "Die Karten haben wirklich einen emotionalen Wert für mich", sagt Lydia Krusche. Auch, weil es eine Erinnerung an ihren Mann ist, der vor elf Jahren verstarb.

(se)
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