Benrath Ostfriesische Teekultur in drei Lagen

Benrath · Das Benrather Teehaus bietet besondere Zeremonien und macht mit Verkostungen und Hintergrundwissen Lust auf das heiße Getränk.

 Marita Wolfering beim Tee eingießen.

Marita Wolfering beim Tee eingießen.

Foto: Günter von Ameln

Es kommt einem sinnlichen Feuerwerk gleich, wenn der frisch gebrühte und gewissenhaft, also drei bis fünf Minuten lang gezogene Ostfriesentee - ein klassischer kräftiger Blend aus Assam und Ceylon - dampfend in die Tassen strömt. Der Duft ist plötzlich im gesamten Raum, sanft knistert das Kluntje, weißer Kandiszucker mit kristalliner Struktur. Und wenn sich dann, nach der Zugabe fettreicher Sahne, die ersten weißen Sahnewölkchen wie kleine Schäfchenwolken am Himmel an der Oberfläche des heißen Tees bilden, ist es soweit: Ein original ostfriesischer Tee wartet darauf, probiert zu werden. Natürlich machen einige von uns, die an der Ostfriesentee-Zeremonie bei Marita und Hans-Wilhelm Wolfering im Teehaus an der Cäcilienstraße teilnehmen, gleich zu Beginn dieses nachmittags einen entscheidenden Fehler: Wir rühren um. "Ein Ostfriesentee wird niemals umgerührt", mahnt denn auch gleich der Experte, der das Geschäft seit fünf Jahren gemeinsam mit seiner Frau betreibt und hier, abhängig von der Jahreszeit, bis zu 240 unterschiedliche Teesorten anbietet.

"Die Ostfriesen genießen ihren Tee etagenweise. Zuerst die kühle Sahne, dann den herben Tee und schließlich den süßen, gelösten Kandis." Der neben der Tasse liegende Löffel diene, so der 57-Jährige weiter, dem Gast schlicht dazu, anzeigen zu können, wann man genug habe. Dann nämlich platziere man den Löffel in der Tasse.

Eine Regel, die Christa Engelhardt bereits kennt. Die 49-Jährige ist leidenschaftliche Teetrinkerin. Nicht nur, weil sie keinen Kaffee mag, vielmehr, weil sie die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen von Tee schätzt und das Heißgetränk zu jeder Tages- und Jahreszeit bevorzugt.

Und weil die Flingeranerin kürzlich Geburtstag hatte, schenkte ihr Freundin Marina Lux (53) kurzerhand die Teilnahme an dem rund dreistündigen Seminar, bei dem es nicht nur vier unterschiedliche Ostfriesentees, sondern auch ostfriesischen Butter- und Schmandkuchen an den festlich gedeckten Tischen zu probieren gilt. Während Marita Wolfering die markanten Tees punktgenau mit einer digitalen Stoppuhr ziehen lässt und den Teilnehmern der Zeremonie sowohl die trockenen Teeblätter, als auch den Aufguss für das eigene Geruchsurteil an die Tische bringt, erklärt ihr Mann den Seminarteilnehmern die Besonderheiten der Wachstumsregionen, den Unterschied zwischen manueller und maschineller Ernte und, anekdotenreich, die Geschichte des insbesondere bei den Ostfriesen beliebten heißen Aufgussgetränks. "Während der durchschnittliche Bundesbürger statistisch betrachtet rund 225 Gramm Tee pro Jahr verbraucht, genießt der Ostfriese bis zu 300 Liter", sagt Wolfering. Das entspreche einer Menge von rund vier Kilogramm Tee pro Kopf.

Entscheidend bei der Zubereitung von Tee sei immer, dem Getränk ausreichend Raum für die Entfaltung zu geben, sagt der Teekenner, der seine Affinität zu Tee mit der Liebe zu England erklärt. Aber auch Aspekte der Geselligkeit des gemeinsamen Teegenusses und die Tradition der Teekultur seien ausschlaggebend dafür, ein echter Teeliebhaber zu werden.

Immer häufiger kämen nun auch junge Leute in seinen Laden, erzählt Hans-Wilhelm Wolfering. Neben einem naturbelassenen Lebensmittel suchten sie vor allem Entschleunigung vom hektischen, digital geprägten Alltag bei einer guten Tasse Tee.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort