Düsseldorfer Altstadt Anwohner beim Bürgerdialog auf den Barrikaden

Altstadt · Oberbürgermeister Thomas Geisel hatte es zu seinem jüngsten Bürgerdialog nicht weit: Am Dienstag traf er sich mit Bewohnern und Anliegern der Altstadt. Im Lambertus-Saal dominierte das Thema Sicherheit. Es gab viel Kritik am OSD.

 Oberbürgermeister Thomas Geisel diskutierte gestern Abend mit den Bewohnern und Wirten der Altstadt im Lambertus-Saal.

Oberbürgermeister Thomas Geisel diskutierte gestern Abend mit den Bewohnern und Wirten der Altstadt im Lambertus-Saal.

Foto: Andreas Bretz

Die Menschen in der Altstadt fühlen sich in vielen Situationen allein gelassen. Sie fordern mehr Hilfe von Stadt und Polizei, um ihr Viertel als Wohnort zu erhalten. "Sonst wohnt hier bald niemand mehr", meinte gestern Abend eine Anwohnerin beim Bürgerdialog mit Oberbürgermeister Thomas Geisel im Lambertus-Saal. Sie fasste mit drastischen Worten zusammen: "Die Altstadt wird nachts vollgepinkelt, es wird gesprayt, die Straßen und Wege sind mit Scherben übersät." Geisel musste nicht überzeugt werden. Er hatte im Wahlkampf eine Nachtschicht der Altstadtwache von Samstag auf Sonntag begleitet und sprach gleich zu Beginn des Abends von "Zuständen ziemlicher Anarchie, die Zustände nach Mitternacht sind teils nicht mehr zivilisiert zu nennen". Er kündigte an, mit dem Ordnungsdezernat der Stadt und der Polizei darüber zu sprechen, ob die heutigen Maßnahmen ausreichen.

Die Schilderungen der Anwohner sorgten bei Geisel trotz seines Vorwissens immer wieder für Erstaunen. Er räumte ein, bei der Vorbereitung des Abends mit dem Ordnungsamt der Stadt gesprochen zu haben. Dort habe man ihm signalisiert, die Zustände in der Altstadt seien "nicht schön, aber auch nicht so schlimm".

Verwundert nahm das Stadtoberhaupt die vielfach geäußerte Kritik am Ordnungsdienst (OSD) zur Kenntnis. Mehrere Anwohner berichteten, bei nächtlichen Anrufen von der OSD-Zentrale den Rat erhalten zu haben, man möge doch aus dem Viertel wegziehen. Das wurde mit Ärger kommentiert. "Ich wohne seit 20 Jahren hier", sagte eine Frau, "aber das muss ich mir nicht sagen lassen. Mir ist klar, dass das hier kein Sanatorium ist. Aber wenn ich wegen einer Gefahr anrufe, weil die Gaslaternen am Stiftsplatz beschädigt werden, und niemand kommt, dann ist das nicht zu akzeptieren." Ein Zuhörer fasste die Einschätzung mehrerer Besucher zusammen: "Die Polizei macht einen guten Job, das Ordnungsamt ist der Schwachpunkt." Ein anderer Mann berichtete, den Durchgang an der Kunstsammlung nachts nicht mehr zu benutzen und den Grabbeplatz zu meiden, weil dort 100 bis 150 Jugendliche ihr Unwesen trieben. Während das Museum einen Sicherheitsdienst eingeschaltet habe, habe der Ordnungsdienst gesagt, er traue sich dort selbst nicht mehr hin. Auskünften dieser Art hatten auch andere Anwohner erhalten.

Geisel hörte den Bürgern aufmerksam zu. Es sei gut, nicht nur auf die eigene Verwaltung zu hören, sondern auch Bürgerdialoge abzuhalten. "Wir können nicht dulden, dass die Altstadt ein rechtsfreier Raum ist oder wird." Die Kritik, die Stadt mache mit ihrer Marketingfirma DMT immer noch Werbung für Junggesellenabschiede, wies er jedoch zurück. "Dies geschieht nicht mehr. Es geht nicht an, dass sich Düsseldorf als Kulturstadt darstellt und die DMT gleichzeitig Werbung macht für ungezügelten Sauftourismus. Das ist vorbei."

In der Diskussion spielten Vorschläge eine Rolle, die nicht "mal eben" umzusetzen sind, da rechtliche Hürden bestehen. Die Kioske sollten ab 19 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen, wurde gefordert, ebenso wünschten sich einige das Verbot von Alkoholkonsum jenseits der Gastronomieterrassen. Dagegen: eine bessere Beleuchtung, mehr Toiletten (Stichwort Dixie-Stern) und kein Taxistand mehr am Burgplatz - diese Maßnahmen können angepackt werden. Auch gegen mehr Videoüberwachung hat der Oberbürgermeister nichts.

(ujr)
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