Brauchtum Düsseldorfs Narren auf Party-Tour

Düsseldorf · Vorsicht, Kalauer: Wir wollen hier mal bierernst über die Jecken und das Rudelverhalten eines Teils dieser ethnischen Minderheit im Zeitraum zwischen Aschermittwoch und dem Elften-Elften sprechen. Und zwar boshaft. Denn wir sind genervt, der Kölner würde sagen "schwer am sicken!".

 Von einer "exklusiven Rum-Probe" auf den Seychellen grüßte die CC-Delegation gestern mit diesem Bild.

Von einer "exklusiven Rum-Probe" auf den Seychellen grüßte die CC-Delegation gestern mit diesem Bild.

Foto: CC

Wir haben nämlich seit geraumer Zeit das Gefühl, der Spruch "Am Aschermittwoch ist alles vorbei" gilt nur noch für Hoppeditz-Normal-Helau-Freunde, während jene mit der besonders hoch getragenen Pappnase Mittel und Wege gefunden haben, die nicht-närrische Zeit in Teilen nett bedüdelt hinter sich zu bringen.

Woher der Eindruck kommt? Unter anderem von Facebook. Im sozialen Netzwerk ploppen regelmäßig Fotos hoch, auf denen man offensichtlich angeschickerte Damen vor halbvollen Gläsern in die Kamera grinsen sieht. Unter anderem vom Venetien-Club - einem Verein der Ex-Prinzessinen, in dessen Satzung irgendwo der Passus zu stehen scheint, Priorität des Zusammenschlusses sei die möglichst gründliche Vernichtung von alkoholischen Getränken in gemeinsamer Anstrengung.

Nun wollen wir hier gar nicht über irgendeine Vorbildfunktion sprechen, schließlich wird kein Mensch, der seine Sinne noch nicht mit ein paar Proseccöchen verdünnt hat, sich ausgerechnet eine Ex-Venetia zum Vorbild nehmen. Aber dennoch darf die (zugegeben: ketzerische!) Frage erlaubt sein: Habt ihr noch andere Interessen, außer Party?

Die anderen Herrschaften der närrischen Fraktions-Führung sind allerdings ebenfalls emsig unterwegs, den eigenen Frohsinn zu begießen. Kaum sind alle zertretenen Kamelle nach Rosenmontag aus der Altstadt gefegt, bricht ein jecker Tross nach Teneriffa auf. Zweck der Reise: Düsseldorfs Karneval auf den Kanaren vertreten. Das gibt dem Ganzen Gewicht, ähnlich dem Nimbus einer diplomatischen Mission, Völkerverständigung und so. Ist ja logisch - es warten die dortigen, humoristisch sicher der Hilfe bedürftigen Eingeborenen dringend darauf, Düsseldorfs Namen in Ehrfurcht und voll Respekt zu raunen, wenn es um die uniformierte Narretei geht. Import rheinischen Kulturgutes, sozusagen, beseelende Inspiration fürs kanarische Gemüt.

Hat man Teneriffa mit viel Trara heimgesucht und sich zum x-ten mal gefragt, ob Karneval im Frühling nicht doch schöner ist, folgt das Kontrastprogramm: Aus irgendwelchen Gründen ist das Tiroler Hintertux seit Jahren post-karnevalistischer Wallfahrtsort. Ein, zwei oder drei Dutzend unserer Narren fallen dort ein, gerne mit ein paar Fässern Alt im Gepäck. Und was tun sie? Na was wohl: Sie stechen die Fässer an - und führen den Inhalt, gern vor staunendem Publikum und somit image-wirksam für unsere Heimatstadt, dem persönlichen Stoffwechsel zu. Es folgen, siehe oben, mit dem Handy fix gemachte Fotos auf Facebook oder an die Presse. Inhalt der Botschaft: Hoch die Tassen. Es liegen sich, eindeutig im Zustand erhöhter Lebensfreude, all' die in den Armen, die das vorher schon auf diversen Bällen, Sitzungen, Biwaks oder wo auch immer im Winterbrauchtum getan haben.

Ist der Hintertux'sche Kater kuriert, juckt erneut das Fernweh. Im Visier: die Seychellen. Jemand muss dort beim Urlaub vor ein paar Jahren gemerkt haben "Boeh - die feiern ja auch Karneval!". Also - nix wie hin, und mitfeiern. Das Ergebnis: siehe oben. Die altbekannten Gesichter (wegen Bermudas, T-Shirts und ohne in Düsseldorf übliches Outfit freilich schwerer zu erkennen) tun das, was sie - so scheint es - am liebsten tun: Luft in Gläser lassen.

Fix geht eine im nüchternen Beamtensprech verfasste Mitteilung an die Medien, in der die Besichtigung einer Rum-Destillerie (!) verkündet und vorgerechnet wird, 7777 Kilometer weg von daheim zu sein.

Das stimmt zwar nicht ganz, ist aber eine Schnapszahl - und daher findet man das witzig!

Hans Onkelbach

(RP)
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