Sammlerin Renate Schürmann Die Laden-Hüterin

Düsseldorf · Im Schaufenster von Renate Schürmanns Geschäft kann man sich satt sehen. So voller Eindrücke hinterlassen den Betrachter die filigranen Vitrinen mit den noch viel filigraneren Dingen darin. Ein Wimmelbild.

 Renate Schürmann behält den Überblick: Zu jedem Teil in ihrem Geschäft kann sie eine Geschichte erzählen.

Renate Schürmann behält den Überblick: Zu jedem Teil in ihrem Geschäft kann sie eine Geschichte erzählen.

Foto: hans-jürgen bauer

Im Schaufenster von Renate Schürmanns Geschäft kann man sich satt sehen. So voller Eindrücke hinterlassen den Betrachter die filigranen Vitrinen mit den noch viel filigraneren Dingen darin. Ein Wimmelbild.

Da steht eine anderthalb Zentimeter große Katze auf zwei Beinen, in der einen Pfote eine Babyrassel, mit der anderen schiebt sie einen Kinderwagen. In dessen Inneres kann nur hineinschauen, wer kein Problem damit hat, sich an anderer Leute Fensterscheibe die Nase platt zu drücken. Daneben Granatschmuck, Kerzenleuchter, Tischlampen. Und dann und wann ein Jan Wellem aus Porzellan. "Antik Bastion" heißt der Laden an der Hohe Straße, und das trifft es genau: Bis unter die Decke stapeln sich Raritäten, Kuriositäten, Alltagsgegenstände aus mehr als 200 Jahren, wie in einer Festung der Vergangenheit.

Wie viele Stücke Schürmann in ihrem Laden hat, hat sie nicht gezählt. Als ihr Enkel klein war, erzählt sie, fragte er einmal danach. "Vielleicht eine Million, dann bist du Millionärin!", sagte er. Schürmann schmunzelt. "Solange mir Sachen gefallen, gehen sie mir auch nicht auf die Nerven." Und wenn sich etwas gar nicht verkauft, liegenbleibt, "bis es schwarz wird", wie mal eine Kundin sagte? "Dann nehme ich es eben mit ins Grab." Schürmann macht ein entschlossenes Gesicht. Sie liebt ihre Dinge, und von Druckmachern lässt sie sich nicht beeindrucken. Was bleibt, das bleibt. Das soll bleiben. Auch wenn ihr Geschäft vielleicht dasjenige mit den meisten Artikeln pro Quadratmeter in der ganzen Stadt ist. Denn vieles ist winzig, wie die "Katze mit menschlichem Gebaren", eine Wiener Bronze, erklärt Schürmann. Deshalb finden sich auch Zettel auf den Tischchen und Ablagen. "Bitte nicht berühren." Wie in einem Museum.

Renate Schürmann hat einst Locherin gelernt, einen Beruf, den es gab, als Datenverarbeitungssysteme noch mit Hilfe von Lochkarten betrieben wurden. Aber sie merkte schnell, dass die monotone Arbeit nichts für sie ist. Schon die Mutter war Sammlerin, eine mondäne Frau mit einer Frisur wie Scarlett O'Hara, Pelzmantel, hochhackigen Schuhen. "Da kommen die vornehme Lütt", sagten die Nachbarn. Schürmann wird im Nachkriegs-Düsseldorf groß, es schult ihr Auge. Sie tauscht Glanzbilder und Murmeln. Sie baut mit den anderen Kindern "Guckis": Mit der Hacke graben sie ein Loch in den Boden. Blüten und kleine Glasscherben, die als Relikte der Zerstörung überall herumliegen, dekorieren sie zu einem Bild. Eine große Scherbe kommt als Abschluss obenauf. Jetzt kannst du gucken.

Gucken hat ihr viel gebracht im Leben. Die junge Antiquitäten-Liebhaberin schaut sich die Schaufensterauslagen der Händler an, wie die Hauptfigur in "Frühstück bei Tiffany's". Sie belegt Kurse im Restaurieren von Möbeln und Schmuck. Als sie vor 26 Jahren ihr Geschäft eröffnet, hat sie bereits Erfahrung als Hotel-Betreiberin. "Mir müssen sie nichts zweimal erklären", sagt sie und legt ihr rechtes Bein auf eine Nashornskulptur. Selbst am Horn hängen noch Ketten. Verena Patel

(RP)
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