Fotograf Alexander Basta Der Seele auf der Spur

Düsseldorf · Verschränkte Arme, gebeugte Haltung, sanfte Augen. Die Schwarz-Weiß-Fotografie, eine von 25 im Düsseldorfer Rathaus, von der Philipp, 21, lächelt, ist mehr als ein Porträt.

 Der Fotograf Alexander Basta hatte schon viele Stars vor der Kamera - im Rathaus sind jetzt seine Porträts junger Wohnungsloser zu sehen.

Der Fotograf Alexander Basta hatte schon viele Stars vor der Kamera - im Rathaus sind jetzt seine Porträts junger Wohnungsloser zu sehen.

Foto: Andreas Bretz

Sie erzählt eine Geschichte, lässt in die Seele des jungen Mannes blicken. Und genau das ist das Metier von Alexander Basta, 53. Er zeigt den Menschen hinter seiner Fassade, ohne Inszenierung, ohne Schnörkel.

Mit dieser Art Arbeit scheint der Fotograf angekommen zu sein. Er lächelt, wenn er über seine Bilder spricht, gestikuliert, wenn er in Worte zu fassen versucht, was sich kaum greifen lässt: die Art, einen Mensch derart abzubilden, dass seine Persönlichkeit sichtbar wird. Eine schwierige Aufgabe. Und doch lag Basta die Betrachtung von Gesichtern schon nahe, als er ein kleiner Junge war. Als Fünfjähriger beschäftigte er sich mit dem Tod und fragte sich und seine Mutter, wieso sich die Menschen an bestimmte Persönlichkeiten erinnern, auch wenn sie längst nicht mehr unter uns weilen. Schon in diesem zarten Alter reifte im gebürtigen Gummersbacher der Wunsch, zeitgenössischen Künstlern jene Ehre zu erweisen, die ihnen zusteht. Dass es Momentaufnahmen sein würden, mittels derer ihm dies gelingen würde, offenbarte sich etwas später. Die Liebe zur Fotografie entdeckte Basta mit zehn Jahren. Eine Freundin seiner Schwester schenkte ihm seine erste Kamera. Von da an zog der kleine Alexander los, um seine Welt und alles, was er erlebet, in Bildern festzuhalten.

Jahre darauf, während seiner Assistenzzeit in Köln, Düsseldorf und Paris, fand der Düsseldorfer seine Leidenschaft und verband seine Faszination für Menschen und ihre Gesichter mit fotografischem Handwerk. Porträts hätten schon immer eine große Bedeutung für ihn gehabt, stellt Basta bei einem Besuch der Ausstellung "Wesentlich" im Rathaus fest. Auch wenn er die Arbeit von Annie Leibovitz bewundert, die ihre Modelle schon mal als Ikonen oder Disney-Figuren inszeniert, mag der 53-Jährige bei seinen Werken keine vordergründigen Effekte. "Bei mir sind es Bilder für die Liebe auf den zweiten Blick", sagt er.

Auch wenn er beim Fotografieren physisch im Raum sei, so müsse er dennoch unsichtbar werden, um eine andere Person authentisch abzubilden, ihr Wesen wiederzugeben. Das ist Basta in den vergangenen 20 Jahren bei einer Vielzahl an Künstlern gelungen. Etwa 500 Porträts von Dirigenten, Komponisten, Sängern, Instrumentalmusikern, Schauspielern, Malern und Bildhauern hat er angefertigt. Von Udo Lindenberg und David Garrett, von Isabella Rosselini und Sir Peter Ustinov, von Tan Dun, dem bedeutendsten chinesischen Komponisten, und der japanischen Stargeigerin Midori. Die Porträtfotografie habe ihm die Türen geöffnet für weitere Arbeiten, etwa für Wirtschaft und Werbung. Und sie hat ihn zu Projekten fernab der Welt der Musikstars und Showgrößen geführt.

2013 bekam er die Gelegenheit, wohnungslose Menschen aus dem Café "Pur", einer Einrichtung der Diakonie Düsseldorf, abzulichten. Diese Bilder sah Angela Wüsthof von der Landesarbeitsgemeinschaft "Streetwork/Mobile Jugendarbeit NRW". Sie hatte die Idee, Jugendliche, die auf den Straßen von Aachen, Dinslaken, Freckenhorst, Iserlohn, Leverkusen und Neuss zu Hause sind, porträtieren zu lassen. Junge Männer und Frauen aus schwierigen Verhältnissen, die Gewalt, Alkohol- und Drogenprobleme nicht nur vom Hörensagen kennen.

Es sei etwas vollkommen Anderes gewesen, diese Jugendlichen zu fotografieren, sagt Basta. Seine prominenten Modelle sind Kameras und Blitzlicht gewöhnt; sie müssen sanft, aber bestimmt dazu gebracht werden, ihre Maske abzulegen, ihr wahres Ich zu zeigen. "Das übt für scheue Jugendliche", stellt Basta fest.

Er versteht es, eine Verbindung mit dem Porträtierten herzustellen - auch ohne Worte. "Es muss ein intuitiver Moment entstehen, damit die Seele erkennbar wird, damit der Betrachter den Menschen in einem Bild kennenlernt", sagt der Fotokünstler. Wenn der Betrachter durch die Ausstellung im Rathaus flaniert, sieht er nicht nur den 21-jährigen Philipp, der verletzlich wirkt und unnahbar zugleich. Da ist auch Samira, 19, scharfer, aber verträumter Blick, sanfte Züge und Piercing in der Lippe. Und Hava, 21, aus deren Augen Stolz und Mut funkeln. Ihre Bilder erzählen Geschichten. Traurige zumeist, aber auch Geschichten von Wertgefühl und Unbeugsamkeit. Und diese Bilder bleiben, auch wenn aus den Jugendlichen Erwachsene geworden sind. Die Ausstellung "Wesentlich", organisiert von der Landesarbeitsgemeinschaft "Streetwork/Mobile Jugendarbeit NRW", ist noch bis Freitag, 29. April, im Rathaus zu sehen. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr. Infos: www.streetwork-nrw.de

Katharina Pavlustyk

(RP)
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