Lokalsport Ein Exot bei der Rallye Deutschland

Düsseldorf · Das ist bezeichnend: Der deutsche Rallye-Sport wartet seit Walter Röhrl auf Erfolge in der WM.

Für vier Tage darf Armin Kremer sich fühlen wie ein Weltmeister. Und für vier Tage entführt er den deutschen Rallye-Sport damit in eine bessere Welt. Der 48-Jährige geht als Gaststarter in das größte Motorsportereignis des Landes, bei der ADAC Rallye Deutschland steuert Kremer ab Donnerstag ein baugleiches Auto wie der viermalige Champion Sébastien Ogier. Und erfüllt damit zumindest ein paar Sehnsüchte.Seit Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, wartet der deutsche Motorsport auf einen Piloten, der um die WM kämpft. Denn nur ein solcher könnte die Rallye hierzulande wohl wieder in den Mainstream rücken.

"Da ist ganz klar ein junger Mann extrem notwendig. Emotionen, Sportarten sind immer mit bestimmten Personen verbunden", sagt Kremer. "Da braucht man auch keinen Hehl draus zu machen: Der Letzte, der das verkörpert hat, war Walter Röhrl mit Audi."

Röhrl, die deutsche Ikone auf Schotter und Asphalt, ist weiterhin der einzige deutsche Rallye-Weltmeister. 1987 zog sich der zweimalige Champion (1980 und 1982) zurück, seither ist der Sport auf der Suche nach Röhrls Erben.

"Um deutsche Piloten in der Weltspitze zu haben, muss man etwas für den Nachwuchs tun, denn von nichts kommt nichts", sagt Sportpräsident Hermann Tomczyk vom veranstaltenden ADAC: "Wir engagieren uns seit Jahren sehr intensiv, würden uns aber auch ein größeres Engagement seitens der Industrie wünschen. Denn Deutschland braucht wieder einen Rallye-Weltmeister."

Für den Moment ist es aber Armin Kremer, der die deutsche Fahne hochhalten muss, und auch sein Start ist schon eine Geschichte. Im Ford Fiesta des Teams M-Sport, baugleich mit Ogiers Auto, ist der Mecklenburger einziger Deutscher in der 13 Teams umfassenden Topklasse P1. "Die Vorfreude ist riesig", sagt Kremer. In der WM ist der dreimalige deutsche Meister nie durchgestartet, dennoch hat er im Rallye-Sport riesige Erfahrung.

Im Vergleich zu den aktuellen Werksfahrern sehe er sich allerdings in einer "anderen Situation, weil sie schon sehr lange und intensiv in den Autos gesessen und alle Möglichkeiten getestet haben. Das ist eine Herausforderung, aber letztendlich kann ich mich schnell auf neue Dinge einstellen." 1999 fuhr der ehemalige Europameister in Deutschland den Sieg ein, damals handelte es sich allerdings noch nicht um einen WM-Lauf.

In diesem Jahr ist der Belgier Thierry Neuville im Hyundai Ogiers größter WM-Rivale. Beide sind punktgleich (160), Deutschland könnte also eine entscheidende Rolle im Kampf um den Titel spielen.

In der ersten Saison nach der Volkswagen-Ära ist der WM-Kampf so spannend wie lange nicht. Mit VW hatte Ogier in den vergangenen vier Jahren stets den Titel geholt. In den ersten neun Rallyes dieser Saison gab es nun aber schon sechs unterschiedliche Sieger. In Saarbrücken startet am Donnerstag der zehnte von insgesamt 13 WM-Läufen 2017. Insgesamt werden dabei 93 Teams die 21 Wertungsprüfungen in Angriff nehmen. Nach langen Jahren liegt das Zentrum erstmals nicht mehr in Trier, Saarbrücken ist in den kommenden Tagen der Nabel der Rallye-Welt. Schon zuletzt waren stets mehr als 200.000 Rallye-Fans beim deutschen WM-Lauf dabei gewesen.

Das Spiel des Fußball-Oberligisten SC West war beim Druck dieser Ausgabe noch nicht beendet.

(sid)
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