Interview Doris Törkel "Spender können ihre Bäume jetzt sehen"

Düsseldorf · Die Leiterin des Gartenamtes spricht über die aktuellen Arbeiten zur Beseitigung der "Ela"-Schäden und die neuen Bäume für die Kö. Im Herbst sollen dort die ersten Silberlinden gepflanzt werden.

 Mitten im Grünen fühlt sich die Leiterin des Gartenamts, Doris Törkel, in ihrem Element.

Mitten im Grünen fühlt sich die Leiterin des Gartenamts, Doris Törkel, in ihrem Element.

Foto: Andreas Bretz

"Ela" liegt nun zwei Jahre zurück. Seitdem ist viel getan worden. Wo sehen Sie die Folgen des Orkans sofort?

Doris Törkel In den großen Parkanlagen. Nehmen Sie den Rheinpark: Er war geprägt von einem Konzept, das auf einen Bierdeckel passt. Banal, aber genial. Der Rheinpark hat zwei Achsen, jeweils eine an der Cecilienallee und am Rheinufer. Die beiden Achsen sind durch Wege verbunden, die wie Sprossen einer Leiter wirken, damit alle Bürger so schnell wie möglich ans Wasser kommen. Am Anfang und Ende dieser Wege waren die Schwerpunkte der Baumpflanzungen. Das hat "Ela" zerstört, und das sieht man auch sofort.

Wie ist es im Hofgarten?

Törkel Der Hofgarten hat seine Flanken verloren. Maximilian Friedrich Weyhe hatte ihn so angelegt, dass er am Rand dichtbepflanzt war, dahinter die Spazierwege lagen und im Inneren einzelne, ganz besondere Bäume die Aufmerksamkeit genossen. Wenn Sie heute beispielsweise an der Inselstraße stehen, sehen Sie, dass der Park diesen schützenden Rahmen verloren hat. Der Hofgarten hat insgesamt rund 370 Bäume verloren - davon haben wir erst rund 30 Prozent wieder neu gepflanzt.

An welchen Orten merkt man schon nicht mehr, dass es diesen gewaltigen Orkan gab?

Törkel Ich bin froh, dass wir das Rheingärtchen mit unserem Ausbildungsbetrieb sanieren konnten, das ist fast schöner als vorher. Auch das Kö-Gärtchen ist fertig, dem sieht man den Orkan nicht an, wenn man es nicht weiß. Solche kleinen Bereiche haben wir schon sehr gut wiederhergestellt; in den großen Anlagen sieht man die Schäden aber noch sehr deutlich.

Durch Spenden sind mehr als drei Millionen Euro für neue Bäume zusammengekommen. Wo sieht man den Einsatz dieses Geldes?

Törkel Wir haben in der zurückliegenden Pflanzsaison zwischen Herbst und Frühjahr den Schwerpunkt der Pflanzungen auf die Parkanlagen gelegt, damit die Spender auch die Maßnahmen und die Erfolge sehen. Zudem haben wir rund 400 weitere Straßenbäume gepflanzt. Mit den rund 1000 Straßenbäumen aus der ersten Pflanzsaison haben wir jetzt knapp die Hälfte unseres Ziels von mehr als 3000 Straßenbäumen erreicht.

Wie sehen die Spender, dass sie geholfen haben?

Törkel An den Straßen gibt es an jedem Baum eine Spenderplakette. In den Parks haben wir die Bereiche ausgewiesen, in denen die Bäume der Spender gepflanzt wurden. Dort gibt es Metallringe, die wie Jahresringe der Bäume aussehen und auf denen die Namen aller Spender stehen. Diese Platten können wachsen, wenn sich Bürger auch längere Zeit nach "Ela" für ihren Park engagieren wollen.

Vorher-Nachher: Ein Jahr nach Sturm Ela in Düsseldorf
9 Bilder

Vorher-Nachher: Ein Jahr nach Sturm Ela in Düsseldorf

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Foto: Andreas Endermann

Wie ist das Spendenaufkommen heute?

Törkel Es gibt immer noch Geldeingänge, etwa wenn Aktionen für neue Bäume jetzt zu Ende gehen und die Initiatoren das Geld überweisen. Aber es sind natürlich deutlich weniger Spenden als am Anfang; dafür dreht sich unsere Welt einfach zu schnell weiter.

Wie viel Geld ist noch übrig?

Törkel Wir haben noch eine Restsumme von 300.000 Euro. Die werden wir verwenden, wenn wir mit den Straßenbäumen und in den Parks weitermachen. Wir setzen das Geld ganz sorgfältig so ein, wie es sich die Spender gewünscht haben. Die Bürger haben für neue Bäume gespendet, da können wir es schlecht zur Wegesanierung einsetzen.

Brauchen Sie weiterhin Spenden?

Törkel Ja. Wir haben jetzt zwei Jahre lang im Schwerpunkt gepflanzt. Aber auch die Aufräumarbeiten haben ihre Spuren hinterlassen, daran konnten wir noch gar nichts machen.

Soldaten starten mit den Aufräumarbeiten
24 Bilder

Soldaten starten mit den Aufräumarbeiten

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Foto: Bretz, Andreas

Die Frage der Deichbäume war und ist umstritten. Welche Konfliktfälle kommen auf Sie bei den weiteren Pflanzungen zu?

Törkel Bei den Deichbäumen haben wir ein großes Gutachten in Auftrag gegeben, in dem die 42 Kilometer Rheinufer in Düsseldorf untersucht werden, um zu sehen, wo etwas nachgepflanzt werden kann und wo dies wegen der Deichsicherheit nicht mehr möglich ist. Wir sind sehr gespannt, was das Gutachten ergibt. Pappeln werden wir aber so oder so nicht mehr pflanzen.

Warum nicht?

Törkel Das ist eine der Lehren aus "Ela". Wir hatten zum Glück schon vorher eine Liste mit Zukunftsbäumen angelegt, die besser an den Klimawandel angepasst sind. Deshalb pflanzen wir nicht einfach den Baum nach, der dort früher stand, sondern schauen, was ins Bild passt und zugleich zukunftsfähig ist.

Eine Frage, die ähnlich emotional diskutiert wird, ist die nach den neuen Bäumen für die Königsallee. Dort wird es mittelfristig keine Kastanien mehr geben, weil die Baumart von einem Bakterium befallen sind. Wie wirkt es sich aus?

Törkel Zunächst sieht man Flecken am Stamm der Kastanien, die Rinde platzt auf, es bilden sich tiefe Risse vom Stammfuß bis zur Krone. Aus diesen Rissen tritt ein Bakterienschleim aus, deshalb spricht man vom Kastanienbluten. Das gesunde Gewebe stirbt ab, ganze Astpartien welken, schließlich wird der Baum instabil.

Wie ist die Lage hier in Düsseldorf?

Törkel Wir haben die Kastanien im Winter 2015 untersucht und 270 befallene Bäume gezählt, in diesem Jahr ist die Zahl auf 286 angewachsen. Die Tendenz ist also steigend, dennoch sollten wir nicht in Panik verfallen, weil man in der Natur nie weiß, ob die Entwicklung nicht wieder einen anderen Verlauf nimmt.

Wie gehen Sie denn dann mit dem Problem gegenwärtig um?

Törkel Erste Konsequenz ist, dass wir keine Kastanien mehr pflanzen. Zudem müssen wir beobachten, wie lange befallene Bäume verkehrssicher sind. Wenn die Verkehrssicherheit gefährdet ist, müssen wir fällen. An der Königsallee werden wir sukzessive Kastanien gegen Silberlinden austauschen. Wir werden dort keinen Radikalwechsel vornehmen, sondern eine ganze Zeit haben, in der es dort Platanen, Kastanien und Linden gibt.

Warum haben Sie sich für die Linden entschieden?

Törkel Wir haben im Gartenamt einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen, der für uns mit einem schönen Erkenntnisgewinn verbunden war. Mit Unterstützung eines Landschaftsarchitekturbüros sind wir ins Stadtarchiv gegangen und haben dort alte Pflanzlisten, Artikel und Briefe durchgesehen. Dadurch haben wir erfahren, dass an der Kö schon seit mehr als 200 Jahren das Prinzip der Doppelallee gilt, dass dort immer zwei Baumsorten standen. Die haben allerdings erstaunlich oft gewechselt. Aus der Geschichte kannten wir damit die Kriterien für unsere Suche.

Welche waren das?

Törkel Wir brauchten einen Baum, der kleiner und kompakter ist als die Platanen. Damit landeten wir schließlich bei einer speziellen Lindensorte. Die Silberlinde der Sorte Tilia tomentosa "Szeleste" gibt wenig Honigtau ab und hat einen schönen kompakten Wuchs.

Wie sieht nun der Zeitplan für die Silberlinden aus?

Törkel Wir wollen die ersten im Herbst auf der Ostseite der Kö, am Corneliusplatz, pflanzen. Den Rest werden wir wie gesagt sukzessive austauschen.

Wird es denn am Corneliusplatz denn gar keine Magnolien mehr geben?

Törkel Doch, seien Sie unbesorgt. Die Linden stehen an der Kö; am Rand des neu aufgebauten Corneliusplatzes und dank der Wiederbepflanzung mit Magnolien wird er seine ursprüngliche Gestalt erhalten.

Die Platanen an der Kö haben noch eine Lebenszeit von etwa 40 Jahren. Was wird auf sie folgen?

Törkel Ich wünsche meinem Nach-Nachfolger, dass er sich so wie wir jetzt mit der Frage auseinandersetzen kann und etwas findet, dass gut zu den Linden passt. Es muss schon ein imposanter, großkroniger Baum sein. Ach, da gibt es so tolle...

CHRISTIAN HERRENDORF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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