Düsseldorf So groß ist die Infektionsgefahr in Kliniken

Düsseldorf · Düsseldorfer Gesundheitspolitiker haben sich von einem Krankenhaushygieniker der Heinrich-Heine-Universität über Infektionen an Kliniken informieren lassen. Anlass waren die VRE-Keime in der Kaiserswerther Diakonie.

So gefährlich sind Klinikkeime
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Jeder Mensch ist von Bakterien besiedelt, ohne deshalb gleich zu erkranken. Doch für Patienten, die immungeschwächt sind oder operiert werden müssen, können manche Bakterien lebensbedrohlich sein. Das gilt für die eigenen ebenso wie für solche, die durch andere Personen übertragen werden. Im April geriet das Florence-Nightingale-Krankenhaus in die Schlagzeilen, weil dort auf der Kinderintensivstation eine Häufung von VRE-Bakterien (Vancomycin-resistenten Enterokokken) festgestellt worden war. Bei 13 Frühgeborenen wurde das Bakterium nachgewiesen. Zwei extrem frühgeborene Babys waren gestorben. Einen Zusammenhang mit dem Darmbakterium schließt die Klinik jedoch aus.

Mit dem Ziel, Hygienevorkehrungen zu verbessern und die Gefahren durch gefährliche Bakterien zu reduzieren, haben die Düsseldorfer Kliniken und das Gesundheitsamt sich vor einigen Jahren zum MRE-Netzwerk zusammengeschlossen. Dabei geht es insbesondere darum, die Übertragung von Bakterien zu vermeiden, die auf bestimmte Antibiotika nicht ansprechen. Man nennt sie daher auch multiresistente Erreger. "Das Thema bleibt uns in den nächsten Jahren erhalten", sagt Klaus Göbels, Leiter des Gesundheitsamtes.

Düsseldorf: So groß ist die Infektionsgefahr in Kliniken
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Ein Grund für die Mitglieder des Gesundheitsausschusses, sich über den aktuellen Sachstand bei der Problematik von mulitresistenten Erregern zu informieren. Roland Schulze-Röbbecke, an der Uniklinik für Krankenhaushygiene zuständig, berichtete in seinem Vortrag auch über Irrtümer und Missverständnisse, die im Zusammenhang mit multiresistenten Erregern wie beispielsweise dem MRSA im Umlauf sind. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

Wie viele Menschen ziehen sich pro Jahr bei einem Krankenhausaufenthalt eine Infektion zu?

Im Schnitt sind es laut Schulze-Röbbecke in Deutschland etwa 500.000 Patienten, die sich eine so genannte Krankenhausinfektion zuziehen (der Fachbegriff lautet nosokomiale Infektion). Das kann eine harmlose Harnwegsinfektion oder Durchfallerkrankung sein ebenso wie eine Wundinfektion nach einer Operation oder eine Lungenentzündung bei künstlicher Beatmung.

Wie viele Patienten sterben in Deutschland pro Jahr an einer Infektion, die sie sich im Krankenhaus zugezogen haben?

Nach Angabe von Schulze-Röbbecke sind dies von den etwa 500.000 Patienten 10.000 bis 15.000. Diese Zahlen beruhen auf seriösen Hochrechnungen und werden auch vom Gesundheitsministerium genannt. Als "Phantasiezahl" bezeichnete der Krankenhaushygieniker die oft genannte Angabe von 40 000 Toten, die beispielsweise im entsprechenden Wikipedia-Artikel zu lesen ist.

Wie groß ist die Gefahr, die von multiresistenten Erregern ausgeht?

Nur ein kleiner Teil der Krankenhausinfektionen wird durch multiresistente Erreger verursacht, ihr Anteil nimmt aber zu. Von den insgesamt 500.000 Krankenhausinfektionen im Jahr gehen nur etwa 30.000 auf multiresistente Erreger zurück (sechs Prozent). Zu den multiresistenten Erregern zählen der Methicilin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) ebenso wie die bereits genannten Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Schulze-Röbbecke wies darauf hin, dass häufig falsch zu lesen sei, MRSA sei besonders gefährlich oder gar ein "Killer-Keim". Allerdings lassen sich multiresistente Bakterien schwieriger behandeln als Bakterien, die vollständig auf Antibiotika ansprechen. Inzwischen stelle MRSA aber kein großes therapeutisches Problem mehr dar, weil neue Antibiotika dazugekommen seien.

Warum spricht man dann überhaupt von multiresistenten Keimen als Problem?

Infektionen durch multiresistente Erreger nehmen weltweit zu. Hauptursache ist der unkritische Einsatz von Antibiotika. Besonders gefürchtet ist eine sehr kleine Gruppe von Erregern, die gegen fast alle Antibiotika resistent sind (panresistent). Sie sind schwer oder gar nicht behandelbar, sind aber in Deutschland (noch) selten. Von den 500.000 Krankenhausinfektionen pro Jahr verursachen sie bislang nur einen Anteil von 0,3 Prozent. Dieser Gruppe gilt die Hauptsorge der Mediziner. In einigen Gebieten, zum Beispiel in Südeuropa und im Nahen Osten, haben sich panresistente Erreger schon viel weiter ausgebreitet als in Deutschland. Und wenn sich der Trend fortsetzt, womit Experten rechnen, wird die Zahl von Infektionen durch diese Bakterien im Laufe der Zeit auch bei uns weiter anwachsen.

Was müssen Kliniken tun, wenn in ihren Räumen Bakterien vermehrt auftreten?

Nach dem Infektionsschutzgesetz müssen Kliniken die Überwachung von Krankheitserregern gewährleisten. Meldepflichtig ist zum einen das Auftreten gewisser Erreger, zum anderen eine Häufung eines Erregers, erklärt Klaus Göbels, Leiter des Gesundheitsamts. Die Klinik muss nach der Ursache forschen, die Weiterverbreitung des Erregers verhindern und die Überwachung verschärfen. Außerdem wird ein Protokoll sowie eine abschließende Bewertung von dem Vorfall erstellt. Darüber hinaus hatte das Florence-Nightingale-Krankenhaus ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor.

(RP)
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