Düsseldorf So erleben die Fans den Sieg der Fortuna

Düsseldorf · Nervöse Anspannung weicht am Tonhallenufer der Erleichterung. Ein Blick in die Seele der Fortuna-Fans vor und nach dem Spiel.

 "Alle in Rot" lautete das Motto, das seit einigen Tagen in den sozialen Netzwerken die Runde machte. David (rechts) und seine Freunde waren schon vor dem Spiel entschlossen, die Fortuna notfalls durch den Saison-Endspurt zu schreien.

"Alle in Rot" lautete das Motto, das seit einigen Tagen in den sozialen Netzwerken die Runde machte. David (rechts) und seine Freunde waren schon vor dem Spiel entschlossen, die Fortuna notfalls durch den Saison-Endspurt zu schreien.

Foto: David Young

Ein Bier auf der Kaimauer, die Sonne im Nacken, den Heimsieg im Rücken. Die Welt ist an diesem Sonntagabend zwar keine bessere, für viele Fortuna-Anhänger am Tonhallenufer fühlt sie sich aber ein kleines bisschen so an. Sie haben nervöse Rechenspiele und einen 90-Minuten-Krimi im Stadion hinter sich. Jetzt sind sich viele von ihnen einig: Es wird für den Klassenerhalt reichen. Vielleicht. Wenige Stunden vorher klang das nicht bei allen so optimistisch.

Was wohl mehr Umsatz bringt - ein Sieg oder eine Niederlage? Beides wird genau hier traditionell begossen. Das Fortuna-Büdchen ist vor und nach dem Spiel erste Anlaufstelle für Anhänger der Rot-Weißen, auch weil es strategisch günstig am Fußball-Pilgerweg zwischen Stadion und Altstadt liegt. Wer wissen möchte, was sich in den Köpfen der Fans abspielt, findet hier, wo das Fortuna-Brötchen genau 95 Cent kostet, die Antworten.

 Nach so einem Sieg kann man schon mal posieren. Timo (links) hat auch vor dem Spiel an den Klassenerhalt geglaubt, wie er sagt. Die Erleichterung ist ihm und seinen Freunden dann aber doch anzumerken.

Nach so einem Sieg kann man schon mal posieren. Timo (links) hat auch vor dem Spiel an den Klassenerhalt geglaubt, wie er sagt. Die Erleichterung ist ihm und seinen Freunden dann aber doch anzumerken.

Foto: DSSD

Zwei Stunden bis zum Anpfiff. Jan ist mit seinem Verein ab- und aufgestiegen, in die vierte und die Erste Liga. Entspannter macht ihn das im Abstiegskampf jetzt aber auch nicht, wie der 26-Jährige zugibt. "Dritte Liga wäre schon mies, aber es gehört zur Fortuna irgendwie dazu", sagt er. Jan und drei Freunde sind zu Fuß unterwegs, kommen auf dem Weg ins Stadion am Büdchen vorbei. Einer von ihnen hat sich das Emblem des Vereins auf seine Wade tätowiert. Der 25-Jährige verpasst kein Heimspiel, wie er sagt. Auch zum Saisonfinale in Braunschweig fährt die Gruppe. "Das ist eine Herzenssache", sagt er und nippt an seinem Altbier. "Was steht denn auch zur Auswahl? Auf jeden Fall nichts Schönes."

Davon war aber auch bei der Fortuna in dieser Saison nicht viel zu sehen, wie sie zugeben. "Jetzt scheinen sie aber begriffen zu haben, worum es geht", sagt David. Und das gesamte Publikum stehe geschlossen hinter der Mannschaft - wie selten zuvor in der Saison. "Das ist das Einzige, was wir machen können", meint der 29-Jährige. "Farbe bekennen." Alle in Rot - das war auch die Ansage, die in den vergangenen Tagen in sozialen Netzwerken die Runde gemacht hat. Ein Motto, das seine Wirkung offenbar nicht verfehlte: Der Trotz ist am Büdchen praktisch greifbar. Wer nicht in den Vereinsfarben erschienen ist, holt sich wenigstens noch einen Sonnenbrand. Anstandshalber. Dann brechen auch die vier Jungs um Jan ins Stadion auf. Es wird Zeit fürs Finale.

Fünf Stunden später, Abpfiff. Die Erleichterung ist den ersten eintreffenden Fans deutlich anzumerken. Erst mit dem Fahrrad, dann zu Fuß kommen sie zum Büdchen. Kaum einer glaubt, dass die Mannschaft sich den Klassenerhalt jetzt noch nehmen lassen wird. "Wenn wir heute nicht gewonnen hätten, wäre das der Abstieg gewesen", sagt etwa Timo. Natürlich habe er aber an den Sieg geglaubt, was bliebe ihm denn auch anderes übrig? "Der Abstieg wäre richtig grausam gewesen. Für die Fans und den Verein", sagt er.

Und wer glaubt, dass sich hier am Tonhallenufer nur die Zuschauer der Stehplätze treffen, der irrt. Marc und Veronika schauen sich die Heimspiele immer aus der Loge an. "Wir haben eine Gruppe von 50 Leute, die sich dort treffen", sagt er. "Vor ein paar Tagen haben viele noch gesagt, dass sie ihre Dauerkarten abgeben wollen. Aber warten wir erstmal ab." Denn ohne ihre Fortuna, sagen sie hier am Büdchen, ist eben auch Mist.

(lukra)
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