Düsseldorf Sieben Wochen ohne Handy

Düsseldorf · Hannah und Helena Lingnau verzichten während der Fastenzeit nicht auf Süßigkeiten, sondern kommen (fast) ohne Smartphone aus. Seitdem haben die beiden viel mehr Zeit für Schule und Hobbys.

Düsseldorf: Sieben Wochen ohne Handy
Foto: Hans-Juergen Bauer

Wenn Hannah Lingnau einen Blick auf ihr Smartphone wirft, hat sie immer auch ein Auge auf die Uhr. Nicht länger als 30 Minuten will die 16-Jährige pro Tag mit ihrem Mobiltelefon verbringen. Denn gemäß der katholischen Tradition nimmt Hannah am Fasten bis Ostern teil. Das kann herausfordernd sein.

Seit drei Wochen verzichtet Hannah weitestgehend auf ihr Handy und hat fast die Hälfte der Fastenzeit absolviert. "Die ersten Tage waren schwer, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt", erzählt sie. Das liegt auch daran, dass Hannah nicht zum ersten Mal auf ihr Handy zur Fastenzeit verzichtet, sondern bereits zum dritten Mal ihre Zeit an ihrem Mobiltelefon einschränkt. Früher hatte sie immer auf Süßigkeiten verzichtet, doch dann begann sie, sich stärker mit dem Thema Fastenzeit auseinanderzusetzen.

"In der Fastenzeit soll man sich auf Gott besinnen, deshalb habe ich überlegt, was mir viel Zeit raubt", berichtet sie. Schnell war das Smartphone als zeitstehlendes Übel ausgemacht. Durchschnittlich drei Stunden verbringt die Schülerin des Cecilien-Gymnasiums sonst am Handy. Doch jetzt nutzt sie die Zeit für andere Aktivitäten. "Normalerweise verbringe ich nach der Schule viel Zeit mit meinem Smartphone, aber ohne diese Ablenkung habe ich mehr Raum für Schulaufgaben und meine Hobbys", sagt sie. So engagiert sich Hannah bei den Pfadfindern oder spielt Cello.

Ein Vorteil, den auch ihre 14-jährige Schwester Helena erkannt hat und dieses Jahr zum ersten Mal zusammen mit ihr fastet. Statt einer halben Stunde nutzt sie ihr Handy täglich eine ganze Stunde. Der Effekt bleibt derselbe: "Ich habe jetzt viel mehr Zeit, um meinem Hobby dem Zeichnen, nachzugehen und mehr mit meinen Freunden und meiner Familie zu machen", erzählt Helena.

Doch der Handyverzicht birgt Herausforderungen. Da die Kommunikation mit Freunden oftmals digital stattfindet, passiert es leicht, dass die beiden Mädchen etwas verpassen. Zudem will die Zeit am Handy gut gewählt sein. Reicht das Zeitguthaben aus, um abends die Nachrichten zu lesen? Ist das Video bei Youtube wirklich gut genug, um wertvolle Minuten dafür zu opfern? "Das kann stressig sein", berichtet Helena. Unter ihren Freunden fallen die Reaktionen zum Smartphone-Fasten gemischt aus. Viele beneiden ihr Durchhaltevermögen, einige sind genervt, weil sie die beiden Mädchen nicht allzeit erreichen können.

Viele Kinder und Jugendliche sind heute nicht mehr so eng mit Religion und Glaube und damit auch dem Fasten verbunden. Für Helena und Hannah spielt der Glaube auch außerhalb der Fastenzeit eine wichtige Rolle. Durch ihre Eltern, die beide für die katholische Gemeinde arbeiten, hatten sie schon immer ein enges Verhältnis zur Kirche. "Ich bete jeden Abend vor dem Schlafengehen", sagt Helena. Zudem besuchen die beiden regelmäßig die Messe; Hannah dient gar als Messdienerin. Das geschieht jedoch freiwillig und ohne Druck der Eltern.

"Unsere Eltern stellen uns frei, ob und wie wir an Gott glauben", sagt Hannah. Auch das Fasten war eine eigene Entscheidung, die die beiden aber keineswegs bereuen. Trotzdem freuen sie sich darauf, am Ostersonntag das Handy wieder ohne tickende Uhr im Kopf in die Hand nehmen zu können. Doch damit soll der Verzicht nicht völlig enden, wie Helena optimistisch erklärt: "Ich werde versuchen, auch danach weniger Zeit mit meinem Smartphone zu verbringen."

(RP)
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