Düsseldorf Sicherheit in der Altstadt — Stadt will von St. Pauli lernen

Düsseldorf · In Sicherheitskreisen gelten die Konzepte, mit denen Hamburg den Kiez rund um die Reeperbahn im Griff hat, als erfolgreich. Polizei und Ordnungsbehörden aus Düsseldorf wollen sich jetzt davon überzeugen.

 In leuchtend gelben Westen und in deutlich erhöhter Stärke geht die Polizei seit Übergriffen an Silvester auf der Hamburger Reeperbahn Streife.

In leuchtend gelben Westen und in deutlich erhöhter Stärke geht die Polizei seit Übergriffen an Silvester auf der Hamburger Reeperbahn Streife.

Foto: dpa

Erlebnishungrige Menschenmassen, reichlich Alkohol, Rocker, Diebe und Drogen - die Probleme auf St. Pauli sind denen an der längsten Theke der Welt durchaus ähnlich. Weil Hamburgs Lösungswege aber erfolgversprechend scheinen, wollen der Düsseldorfer Ordnungsdezernent Stephan Keller und Polizeipräsident Norbert Wesseler sich am Donnerstag und Freitag ein Bild davon machen. Mit dabei sind neben den Chefs von Altstadtwache, Stadtmarketing und OSD auch Vertreter der Altstadtwirte, die morgen von Hamburgs Innensenator Andy Grote empfangen werden.

Wie die Düsseldorfer Altstadt ist auch die Reeperbahn ein Touristenmagnet. Die 0,85 Quadratkilometer große Partymeile der Hansestadt ist aber auch als "ständiges Gefahrengebiet" ausgewiesen, in dem Waffen- und Glasflaschenverbote dauerhaft gelten. Über zwölf Videokameras behalten die Beamten der Davidwache die Szene im Blick - allerdings erst, seit es dort in der Silvesternacht wie in Düsseldorf und Köln zu massiven Übergriffen kam. Bis dahin waren die Kameras nach einer Anwohnerklage abgeschaltet gewesen. Jetzt sind sie zumindest an den Wochenenden wieder scharf geschaltet, allerdings mit begrenztem Schwenkbereich, um die Privatsphäre der Anwohner zu wahren.

Wie in der Altstadt wird seit den Silvesterübergriffen auch in St. Pauli die Kiez-Polizei an den Wochenenden durch Bereitschaftspolizisten verstärkt. In Hamburg kommen dann auch die in Düsseldorfs erstmals beim Karneval genutzten mobilen Kameras zum Einsatz. An den Wochenenden herrsche dort "die höchste Polizeidichte Deutschlands", sagt Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde.

Gleichwohl sind auch in Hamburg die Ressourcen knapp: In anderen Stadtbezirken reicht das Polizei-Personal nicht mehr, um alle Streifenwagen zu besetzen. Dem will der Stadtstaat in den kommenden fünf Jahren mit 300 neuen Stellen abhelfen, 8000 Beamte werde die Polizei bis dahin haben. "Wenn die Stadt an Einwohnern wächst, muss auch die Polizei wachsen", sagt Reschreiter.

Der Prozess, der den Kiez sicherer machen soll, habe vor etwa zehn Jahren begonnen. Am wichtigsten und erfolgreichsten sei ein starkes Netzwerk der Akteure vor Ort: Polizei, Ordnungskräfte, Einzelhändler, Bürgervereine, Sozialverbände säßen regelmäßig gemeinsam am Runden Tisch, Türsteher und Davidwache pflegten einen guten Kontakt. Und durch konsequentes Durchgreifen habe die Polizei den Revierkämpfen von Rockerbanden ein Ende bereitet. Die Polizei werde "nicht als Störfaktor wahrgenommen, sondern ist als Teil des Ganzen akzeptiert", so Reschreiter. Nur die Rollenverteilung müsse "gelegentlich neu klargestellt" werden.

Dass das Quartier zum "Business Development District" wurde, ist zwar der traditionell starken linken Szene ein Dorn im Auge, die Gentrifizierung befürchtet. Der Sprecher der Innenbehörde versichert aber, dass die Bürger bei den Umstrukturierungen im Viertel beteiligt würden, die letztlich auch der Sicherheit dienten. Und die habe Priorität, denn: "Ohne Sicherheit keine Freiheit".

Unkonventionelle Wege beschreitet Hamburg auch: So wird im Bereich des Hauptbahnhofs seit vielen Jahren die Drogenszene mit klassischer Musik beschallt - ein Konzept mit starker Wirkung. "Es darf aber nicht nur um Verdrängung gehen", sagt Reschreiter. Vor allem müssten Hilfsangebote gemacht werden, um die Drogenproblematik an der Wurzel zu packen.

(RP)
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