Düsseldorf Seniorenrat fordert zweites Friedhofs-Taxi

Düsseldorf · Der kostenlose Fahrservice zum Grab auf dem Nordfriedhof wird immer beliebter. Nun soll ein zweites Mobil angeschafft werden - für den Südfriedhof. Auch dort seien die Wege zu Gräbern oft zu weit.

Ein rotes Licht an der schweren Eichentür verrät den Sargträgern, dass es an der Zeit ist, die Kapelle zu betreten. Kurze Zeit später tragen sie den Sarg ins Freie, der geschmückt ist mit gelben Nelken und roten Rosen. Die Trauergemeinde folgt langsam in Richtung Grabstelle. Den Abschluss bildet das Friedhofsmobil. Am Steuer: Herbert Pohle.

Der Verstorbene soll auf Feld 80 seine letzte Ruhestätte finden. Das ist auf dem Nordfriedhof nicht gerade um die Ecke, insgesamt umfasst der größte Friedhof Düsseldorfs 69 Hektar. Für drei Trauergäste ist der etwa fünfzehnminütige Fußweg kaum machbar. Ein älterer Herr ist auf einen Rollator angewiesen, zwei Frauen sind ebenfalls eher wackelig auf den Beinen. Dank des elektrobetriebenen Mobils bleibt ihnen die Anstrengung erspart.

Das Friedhofstaxi als Projekt des Gartenamtes und der Zukunftswerkstatt Düsseldorf (ZWD) war 2015 als Pilotprojekt gestartet, 2016 nutzten Friedhofsbesucher das kostenlose Angebot insgesamt 900 Mal. Nun wird der Ruf nach einem zweiten Mobil laut: für den 47 Hektar großen Südfriedhof. "Die Wege zu den Gräbern sind auch dort für ältere und gehbehinderte Menschen oft zu weit", sagt der Seniorenrats-Vorsitzende Georg Jungbluth, der bereits einen Antrag an den Stadtrat gestellt hat. Die entsprechenden Haushaltsmittel sollten für 2018 berücksichtigt werden, steht darin. Auch Gartenamtsleiterin Doris Törkel setzt sich für die Anschaffung ein. "Wir haben bereits die Zusage, dass die Bezirksvertretung 3 sich mit 10.000 Euro beteiligen möchte", so Törkel. Somit sei der erste Schritt getan. Die Anschaffungskosten für ein Fahrzeug liegen zwischen 20.000 und 25.000 Euro. Zwei Fahrer von der ZWD mit maximal je 30 Wochenstunden Arbeitszeit kosten rund 3600 Euro pro Jahr.

Herbert Pohle ist einer dieser Fahrer, seit 1,5 Jahren. Anfangs sei der Arbeitsort gewöhnungsbedürftig gewesen, sagt er. Jeden Tag wird er mit Tod und Trauer konfrontiert. "Aber ich finde, es ist eine wichtige Arbeit", sagt der 55-Jährige. Er hat inzwischen ein Gespür dafür entwickelt, ob seine Fahrgäste ein aufmunterndes Wort, einen Plausch oder Ruhe brauchen.

Die ZWD vermittelt nicht nur die Jobs, sie koordiniert auch die Vorbestellungen der Fahrten. Wie der Begleitservice der Rheinbahn ist das Friedhofsmobil eine Maßnahme, um Langzeitarbeitslose wieder ins Arbeitsleben zu integrieren. Auch ein zweites Mobil würde die Bildungsberatungsstelle unterstützen. "Die Entscheidung über die Erweiterung des Angebots liegt aber nicht bei uns", heißt es.

Nordfriedhofsleiter Stefan Süß freut sich über die Beliebtheit des Mobils: "Seit Anfang des Jahres läuft es so richtig an." Besonders Frauen fühlten sich durch den Fahrservice sicherer beim Friedhofsbesuch. Süß sieht außerdem einen wirtschaftlichen Nutzen: Wenn durch das Mobil Besuche auch von entfernten Gräbern möglich seien, könnten Angehörige ermutigt werden, diese länger zu erhalten.

Einige Senioren fährt Herbert Pohle bis zu dreimal in der Woche, viele buchen die Fahrten im Voraus, Besucher können aber auch spontan einsteigen. Bei den Fahrten, die manchmal eine halbe Stunde oder länger dauern, haben sich schon innige Bekanntschaften entwickelt. Eine ältere Dame steckt ihm nach jeder Fahrt Bonbons zu. Mal Sahne-Karamell, mal Zitrone. Und wenn ein Stammgast verreist ist, sieht Herbert Pohle auch mal am Grab nach dem Rechten, sagt er. "Wenn es die Zeit zulässt."

Hinweis Der kostenlose Fahrservice wird montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr angeboten und kann bei der ZWD vorbestellt werden unter der Nummer 5823456.

(tak)
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