Düsseldorf Senioren sind gegen verpflichtende Führerschein-Tests

Düsseldorf · In der Frage, ob ältere Menschen ihre Fahrtüchtigkeit nachweisen müssen, meldet sich der Seniorenrat zu Wort. Die Polizei bietet Aktionen, bei denen Fahrer ihre Sicherheit verbessern können.

 Georg Jungbluth (77), der Vorsitzende des Seniorenrats, fährt gern Auto - und spricht sich gegen Tauglichkeitstests für Senioren aus.

Georg Jungbluth (77), der Vorsitzende des Seniorenrats, fährt gern Auto - und spricht sich gegen Tauglichkeitstests für Senioren aus.

Foto: Anne Orthen

Georg Jungbluth gehört zu den Menschen, die so viel auf Achse sind, dass man Mühe hat, sie einmal zu Hause zu erwischen. Der 77-Jährige engagiert sich als Vorsitzender des Seniorenrats und ist Mitglied in verschiedenen Vereinen. Mit dem Auto unterwegs zu sein, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Aber er merkt auch, dass er beim Fahren schneller müde wird als früher. "Wenn wir in den Spreewald fahren", sagt Jungbluth, "legen wir seit einigen Jahren eine Pause mit Übernachtung ein."

Eigenverantwortung zu übernehmen findet der Unterrather wichtig. In der Diskussion, ob ältere Autofahrer verpflichtende Untersuchungen oder Fahrtauglichkeitstests absolvieren sollen, hat sich Jungbluth zusammen mit seinen Kollegen vom Düsseldorfer Seniorenrat einstimmig gegen diese Art von Sonderregelungen ausgesprochen. "Die Fahrtauglichkeit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr kann durch viele Faktoren beeinflusst sein, die alle Altersgruppen betreffen, zum Beispiel durch Krankheit, durch Medikamenteneinnahme, Handy-Kontakte am Steuer und so weiter", heißt es in der Stellungnahme des Seniorenrats.

Gegen pauschale Sonderregelungen für ältere Menschen spricht sich auch Heinz-Werner Meier aus, der beim Seniorenrat Sprecher des Arbeitskreises "Sicherheit und Verkehr" ist. Schließlich fielen auch Beeinträchtigungen durch das Alter sehr unterschiedlich aus: "Es gibt 90-Jährige, die sind vollkommen klar im Kopf. Andere sind mit 80 durcheinander." Er hält es für wichtiger, an die Einsicht zu appellieren. Doch diese Einsicht zu gewinnen, sei oft ein längerer Prozess. Für seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer des Amtsgerichts begleitet er Senioren und kennt diese Entwicklung gut. "Das ist ein sehr schwerer Schritt, wenn man spürt, dass die Fähigkeiten nachlassen", weiß Meier.

Anlass für Besorgnis geben allerdings steigende Unfallzahlen bei Düsseldorfern über 65 Jahre. Angesichts dessen, dass die Zahl der Senioren steigt, sei dies nicht verwunderlich, heißt es beim Seniorenrat. Bei den insgesamt 30.372 Verkehrsunfällen 2016 waren 1224 Senioren beteiligt (Vorjahr: 1180). Bei den meisten dieser Unfälle waren die älteren Menschen als Autofahrer involviert (1022, Vorjahr: 950). In 804 Fällen waren Senioren auch die Verursacher (Vorjahr: 724). Häufige Unfallsituationen für ältere Menschen ergäben sich, wenn viele Sachen gleichzeitig zu beachten sind und die Lage unübersichtlich wird, erklärt Joachim Tabath von der Verkehrsprävention für Senioren der Polizei.

Um den älteren Menschen Gelegenheit zu geben, ihre Fähigkeiten besser einzuschätzen, laden Verkehrspolizei und Seniorenrat bei den Seniorentagen in den verschiedenen Stadtteilen zu Seh- und Reaktionstest ein. Zusätzlich bietet die Verkehrspolizei an wechselnden Orten die Aktion "Mensch und Auto - Sicherheit ist Einstellungssache" an. Pro Teilnehmer nehmen sich die Polizisten etwa 30 bis 45 Minuten Zeit, um zu schauen, wie die Fahrzeugbesitzer ihr Auto eingestellt haben und nehmen dabei die Spiegel, den Sitz, Kopfstützen und den Sicherheitsgurt ins Visier. "Wir sind aber auch schon auf einen Verbandskasten aus den 1970er Jahren gestoßen", berichtet Tabath.

Bei den meisten Senioren bleibt die Rückbank im Auto unbesetzt. Das bietet die Möglichkeit, deren Kopfstützen rauszunehmen. "Sie versperren die Sicht", sagt Tabath. Überhaupt nimmt das Thema Sicht eine wichtige Rolle ein. Der Blick über die Schulter werde gelegentlich vernachlässigt, vor allem wenn die Beweglichkeit eingeschränkt ist. Häufig, so die Erfahrung des Verkehrspolizisten, seien die Außenspiegel so eingestellt, dass mehr vom eigenen Wagen als von der Umgebung zu sehen sei. "Man kann den toten Winkel extrem verkleinern." Bei der Aktion gehe es darum, die Sicherheit der Autofahrer zu verbessern, nicht darum, die Fahrtüchtigkeit zu kontrollieren, betont Tabath und möchte Senioren zur Teilnahme ermutigen.

(RP)
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