Analyse Sechs Lehren aus der Bundestagswahl

Düsseldorf · Ein Blick in die Statistik zeigt, dass CDU und SPD ihre Hochburgen verteidigen, die Potenziale aber ganz unterschiedlich ausschöpfen. Hauptkonkurrent der Sozialdemokraten ist die AfD.

 CDU (hier: die Bundestagabgeordnete Sylvia Pantel) und FDP (Direktkandidat Sebastian Rehne) haben im Norden und Osten stark gepunktet.

CDU (hier: die Bundestagabgeordnete Sylvia Pantel) und FDP (Direktkandidat Sebastian Rehne) haben im Norden und Osten stark gepunktet.

Foto: andreas bretz

Zwischen Landtags- und Bundestagswahl lagen nur vier Monate, dennoch haben sich die Stimmanteile merklich verschoben. Bis zum nächsten Urnengang in Düsseldorf (Europawahl) vergehen nun mehr als eineinhalb Jahre - viel Zeit, um Lehren aus den auffälligen Werten in der Wahlstatistik zu ziehen:

1. Hohe Wahlbeteiligung und niedrige Einwohnerzahl helfen der CDU. Düsseldorf hat einen erfreulichen Zuwachs bei der Wahlbeteiligung verzeichnet, einen guten Anteil daran haben die Spitzenreiter in dieser Rubrik: Himmelgeist (90,4 Prozent), Angermund (88,5) und Hubbelrath (87,9). Stadtteile wie die genannten sind zugleich solche, in denen die Christdemokraten einige ihrer besten Ergebnisse eingefahren haben. In sieben Stadtteilen kamen sie über 40 Prozent. In 19 Stadtteilen blieb die CDU allerdings auch unter 30 Prozent, acht Mal hinter der SPD. Dabei zeigen sich zwei Phänomene: Liegt die Zahl der Wahlberechtigten in einem Stadtteil im fünfstelligen Bereich, reicht es für die Christdemokraten selten für 30 Prozent, die größte Ausnahme bildet Oberkassel. Ist die Einwohnerdichte dagegen geringer, die Eigenheimquote und/oder das Pro-Kopf-Einkommen höher, punktet die CDU überdurchschnittlich. Das ist aufgrund der Struktur der Stadt häufiger und stärker im Norden der Fall.

 Grüne (Parteisprecherin Paula Elsholz) und SPD (der Landtagsabgeordnete Markus Herbert Weske) haben keine gemeinsamen Hochburgen.

Grüne (Parteisprecherin Paula Elsholz) und SPD (der Landtagsabgeordnete Markus Herbert Weske) haben keine gemeinsamen Hochburgen.

Foto: A. Endermann

2. Die SPD hat Probleme in ihren Hochburgen. Bei den Sozialdemokraten ist das Gegenteil zu beobachten. In den Stadtteilen, in denen die Wahlbeteiligung unter 70 Prozent liegt, schneidet die SPD am besten ab - mit einer Ausnahme (Rath) liegt sie dort vor der CDU. Die 30-Prozent-Marke übertrifft die Partei in keinem einzigen Stadtteil, in einer Reihe von Vierteln landet sie sogar auf Platz drei hinter der FDP. Dort, wo die Liberalen fast 30 Prozent holen, bleiben für die SPD nur zwischen 10,4 (Hubbelrath) und 13,6 Prozent (Wittlaer). Die Schlussfolgerung: Die SPD hat zumindest ihre Hochburgen verteidigt, aber auch dort nur einen Teil ihrer potenziellen Wähler mobilisiert.

3. Die FDP ist eindeutig dritte Kraft, zum Angriff auf die SPD fehlt aber etwas. Die Liberalen haben sehr beeindruckende Ergebnisse verbucht: In 19 Stadtteilen liegen sie über 20 Prozent (Bestwert: 29,96 Prozent in Niederkassel), nur zweimal blieb das Resultat einstellig (Hafen und Flingern Süd). Das heißt: Die FDP ist besonders stark, wenn das durchschnittliche Einkommen höher ist, sie ist aber auch über das gesamte Stadtgebiet erfolgreich. Wenn sie in Düsseldorf nun Platz zwei attackieren will, muss sie diese Attraktivität auf ihre Personen übertragen, denn die Differenz zwischen Erst- und Zweitstimme beträgt satte sechs Prozentpunkte.

4. Einmal Abstrafen reicht den Wählern der Grünen. Nach der Klatsche bei der Landtagswahl haben die Grünen ein paar Stellschrauben gedreht (Personal aufs Plakat, verbunden mit jeweils nur einem Thema) - und schon stimmen die Zahlen wieder. 15 zweistellige Ergebnisse stehen zu Buche, Hochburg bleibt Friedrichstadt (16 Prozent), dort holte die Partei auf kommunaler Ebene ihr erstes Direktmandat. Die Grünen sind um so stärker, je näher ein Viertel am Zentrum liegt. Schwach sind sie vor allem dort, wo SPD und AfD punkten, also postmaterialistische Themen eine geringere Bedeutung haben.

5. Die Linke ist plötzlich mehrfach attraktiv. Auf den ersten Blick ist noch alles normal: Zu den neun Stadtteilen, in denen die Linke zweistellige Werte erreicht, zählen die, in denen der Anteil der sozial Schwächeren höher ist (Flingern Süd: 19 Prozent, Oberbilk: 14,4). Dann taucht das erste Phänomen auf: Die Linke hat auch Hochburgen in Unterbilk oder Friedrichstadt, wo viele Studenten leben, Arbeit und Einkommen weniger wichtig sind. Die Linke hat offensichtlich bei den Jüngeren gepunktet und ihre Deutung von sozialer Gerechtigkeit als postmaterialistisches Ziel vermitteln können. Auch erstaunlich: Das Gesamtergebnis bei den Erststimmen (nicht nur das von Sahra Wagenknecht) ist höher als das Gesamtergebnis bei den Zweitstimmen.

6. Die AfD ist der Hauptkonkurrent der SPD. Der Süden der Stadt wird eigentlich von den Parteien links der Mitte bestimmt, die AfD hat dort aber auch bessere Ergebnisse als im Norden. Die Liste der insgesamt elf Stadtteile, in denen sie zweistellig abschloss, ist sehr ähnlich zu der Reihe der Stadtteile, in denen die SPD ihre besten Werte verbuchte. Die schwächsten AfD-Ergebnisse (unter fünf Prozent) gab es in CDU-Hochburgen: Hamm, Oberkassel und Wittlaer.

Internet Unter rp-online.de/ergebnisse-duesseldorf können Nutzer sich die lokalen Wahlergebnisse auf einer interaktiven Karte ansehen.

(hdf)
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